Von: luk
Bozen – Der Ausgang der Landtagswahlen in Südtirol hat mitunter für große Überraschungen gesorgt: Die Süd-Tiroler Freiheit konnte ihre Sitze von zwei auf vier verdoppeln. Die Liste von Jürgen Wirth Anderlan hat hingegen aus dem Stand heraus zwei Sitze gewonnen. Es ist ein deutlicher Rechtsruck.
“So deutlicher Rechtsruck kam überraschend”
Der Südtiroler Politologe Günther Pallaver hätte das so nicht erwartet, wie er im Gespräch mit Südtirol News erklärt. Für ihn ist aber klar: “Die Süd-Tiroler Freiheit hat voll auf das Thema Sicherheit gesetzt und das hat offenbar den Ausschlag gegeben. Das Thema ‘Freiheit für Südtirol’, also die Auslösung Südtirols aus Italien und den Anschluss an Österreich, hat hingegen als Kernthema der Bewegung kaum eine Rolle im Wahlkampf gespielt.”
Doch Pallaver sieht auch andere Gründe für das Erstarken der bei den letzten Landtagswahlen zusammengeschrumpften rechtspopulistischen Bewegung. So habe die Süd-Tiroler Freiheit von der gegenwärtigen Schwäche der Freiheitlichen profitiert. Beide Parteien würden immerhin im gleichen Teich fischen. Außerdem habe sich Spitzenkandidat Sven Knoll im Untersuchungsausschuss profilieren können. Er sei in den vergangenen Jahren in die Rolle des Verfechters des einfachen Bürgers “gegen die da oben” geschlüpft, so Pallaver. Alles zusammen habe sich für die Bewegung positiv ausgezahlt.
Nicht auf dem Schirm hatte Pallaver auch die Liste JWA. Dass mit Jürgen Wirth Anderlan und Andreas Colli gleich zwei JWA-Vertreter gewählt werden, sei überraschend gewesen. Damit würden nun neben Renate Holzeisen von der Bewegung “Vita” drei No-Vax-Vertreter in den Landtag einziehen.
Italiener mit geringer Wahlbeteiligung
Was das schwache Abschneiden der italienischsprachigen Kandidaten und Parteien angeht, hat der früher an der Uni Innsbruck lehrende Politikwissenschaftler eine konkrete Erklärung: Die Italiener in Südtirol seien vereinfacht gesagt nicht wählen gegangen. Der Experte geht von einem Einbrechen der Wahlbeteiligung der italienischsprachigen Wählerinnen und Wähler von um die zehn Prozent aus.
Das verschiebe Mandate zu deutschsprachigen Parteien. Die Zahl der italienischsprachigen Abgeordneten ist von acht auf fünf abgesunken. Ein Grund für die Wahlmüdigkeit: Die Italiener seien frustriert, sie gehen dann nicht zur Wahl, weil sie der Ansicht sind, ohnehin nichts zu sagen zu haben, schildert Pallaver.
SVP-Debakel – trotzdem gute Position für Arno Kompatscher
Dass die SVP bei 34,5 Prozent gelandet sei, entspreche den Prognosen. Die SVP hat damit über sieben Prozentpunkt im Vergleich zu den Landtagswahlen 2018 verloren. Trotz dieses Debakels für die stolze Volkspartei – es ist das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte – sei Landeshauptmann Arno Kompatscher innerparteilich nun in einer guten Position, analysiert Pallaver. Zum einen würden in der neuen SVP-Fraktion deutlich mehr “Kompatscher-Freunde” sitzen, als dies zuletzt der Fall gewesen sei. Zum anderen hätten 60 Prozent der SVP-Wähler Kompatscher gewählt. 2018 waren nur 57 Prozent der SVP-Wähler auch Kompatscher-Wähler.