Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag ist heute die Arbeit weitergegangen. Beschlussanträge zu Klimacheck und Post-Covid-Strategie für die Jugend wurden am Vormittag behandelt. Beide Anliegen wurden abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 429/21: Klimacheck: Wie klimaverträglich sind Subventionen an die private Wirtschaft? (eingebracht von den Abg. Staffler, Foppa und Dello Sbarba am 09.04.2021). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. eine Studie zum Klimacheck der Finanzflüsse von der öffentlichen Hand an die gewerbliche Wirtschaft in Auftrag zu geben, welche die Klimatauglichkeit der wirtschafts- und finanzpolitischen Instrumente des Landes analysiert (Klimacheck); 2. die Ergebnisse dieser Studie dem Landtag vorzustellen; 3. und anschließend aufgrund der Ergebnisse dieser Studie verbindliche Kriterien für eine zukünftige Subventionspolitik im Sinne des Klimaschutzes zu erstellen.
Das Pariser Klimaschutzabkommen verpflichte nicht nur die Staaten, Maßnahmen gegen die globale Erwärmung zu setzen, erklärte Hanspeter Staffler (Grüne), auch Regionen und Gemeinden müssten ihren Beitrag leisten. Südtirol verfüge dank seiner Autonomie über zahlreiche Möglichkeiten, den Klimaschutz zu fördern. “Jährlich werden über eine Milliarde Euro aus dem Landeshaushalt in Form von Investitionsausgaben ausbezahlt. Ob diese jährliche Investitions-Milliarde klimapolitisch von Vorteil oder von Nachteil ist, kann heutzutage niemand sagen. Daher ist es angesichts der dringlichen Situation notwendig, sämtliche Investitionsausgaben im Allgemeinen und die Finanzflüsse der öffentlichen Hand an die private Wirtschaft im Speziellen einem Klimacheck zu unterwerfen.” Südtirol könnte mit einem solchen Klimacheck Pionierarbeit leisten, meinte Staffler.
Paul Köllensperger (Team K) unterstützte das Anliegen und verwies auf einen ähnlichen Antrag seiner Fraktion, der abgelehnt worden sei. Gerade in Erwartung der CO2-Steuer sei ein solcher Check sinnvoll. So vermeide man, Kadaver am Leben zu erhalten, wovor auch der Präsident des Unternehmerverbands warne. Die Spending Review habe ergeben, dass nur ein kleiner Teil der Transferleistungen effizient sei, bei den anderen werde das nicht erhoben. Das Land könne viele Weichen stellen, in der Energiepolitik, in der Verkehrspolitik usw. In Deutschland sei der Check bereits erfolgt.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstützte den Antrag ebenfalls. Wenn das Land eine Schlüsselrolle in diesem Bereich einnehmen wolle, brauche es Richtlinien für förderungswürdige Projekte, die auch einen sozialen Aspekt haben können. Oft brächten diese Projekte keinen schnellen direkten Gewinn für das Unternehmen, daher sei die öffentliche Unterstützung wichtig.
Helmut Tauber (SVP) bezeichnete die Grünen als Europameister in Studien, die dann oft in der Schublade landen würden. Es gebe bereits viele Checks in dieser Richtung, etwa zur Wasserstoffmobilität, zur Nachhaltigkeit im Tourismus, zur Reduzierung von Müll in Betrieben usw. Mit Nachhaltigkeit würden sich auch schon die Wirtschaftsverbände befassen. Südtirol sei auf gutem Weg.
Jasmin Ladurner (SVP) fand es wichtig, vermehrt über das Thema zu sprechen, das bereichsübergreifend sei. Die Eindämmung der Klimaerwärmung müsse ein Anliegen aller sein, sie fange bei jedem Einzelnen an. Die Landesregierung habe hier ambitionierte Ziele und sei dabei, sie umzusetzen. Die EU verbiete nun Einwegverpackung aus Plastik. Man habe einen ambitionierten Plan, es gehe nun darum, ihn umzusetzen.
Die Pandemie habe uns gelehrt, dass die Natur schwer zu kontrollieren sei, meinte LR Giuliano Vettorato. Die Zeit dränge aber. Südtirol habe sich bereits vor Jahren mit seiner Umweltpolitik hervorgetan. Der Plan 2050, der heuer ajouriert werde, enthalte die Richtlinien, um zur Klimaneutralität zu kommen. Dazu gehöre auch die Überprüfung von Gesetzen, Dekreten und Beschlüssen auf ihre Nachhaltigkeit. Zum Ziel seien sich alle einig, aber der Antrag fordere, was bereits geschehe. Vettorato rief die Einbringer auf, ihn zurückzuziehen.
Hanspeter Staffler freute sich, dass das einst nur grüne Thema von allen Parteien geteilt werde. Die CO2-Kurve steige stetig an, die Klimakrise werde man auf verschiedenen Ebenen spüren, im sozialen Bereich, in der Wirtschaft usw. Die Nachhaltigkeit sei in aller Munde, es brauche aber noch die Kennzahlen, die für die Umsetzung nötig seien. Die Zertifizierung, die für die Betriebe bereits Realität sei, müsse auch auf den Landeshaushalt umgesetzt werden. Den neuen Klimaplan 2050 kenne man noch nicht, daher könne man LR Vettoratos Aufforderung nicht annehmen.
Der Antrag wurde mit 13 Ja, 16 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 433/21: Post-Covid-19: Strategie für Jugend und Schule (eingebracht von den Abg. Ploner A., Köllensperger, Faistnauer, Ploner F. und Rieder am 13.04.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. eine Expertenkommission für die Erarbeitung einer Post-Corona-Strategie für Jugendliche zu ernennen; 2. für deutschsprachige Oberschulen Südtirols Schulpsychologen vorzusehen; 3. psychosoziale Gesprächsangebote an den Schulen besonders für das Schuljahr 2021/22 auszubauen; 4. den Schulsport baldmöglichst wieder anzubieten und das sportliche Angebot für Jugendliche nach Möglichkeit ausbauen.
Mehrere Psychologen hätten ihm berichtet, sie seien derzeit ausgelastet, erklärte Alex Ploner (Team K), ein Lebensberater habe ihm von vermehrten Suizidversuchen berichtet. Bisher habe man bei Covid-Hilfen viel über Geld gesprochen. Das sei richtig, aber nun brauche es auch andere Hilfen. Die Jugend sei als erste betroffen gewesen, die Schulen seien als erstes geschlossen worden. Nun drohten die nächsten Einschränkungen im Herbst. Die Vereine und Schulen spielten eine zentrale Rolle bei der Krisenbewältigung der Jugendlichen. Vereine und Stellen mit Angeboten gebe es genug, es fehle die Vernetzung. Die Schule sei der Arbeitsplatz der Kinder und Jugendlichen. Die Pädagogen seien überfordert, wenn sie auch die psychologische Betreuung übernehmen müssten. In den deutschen Schulen fehlten die Schulpsychologen, Sozialpädagogen seien nicht die richtigen Fachkräfte für diese Aufgabe. Der Wettbewerbssport in der Schule sei wegen Corona abgeschafft worden. Die dafür zuständige Stelle sei nun wieder ausgeschrieben worden, aber es bleibe wenig Zeit, um den Schulsport wieder zu organisieren.
Einen Psychologen müsse es in jeder Schule geben, meinte auch Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten). Auch in der italienischen Schule gebe es zu wenig. Er sei auch für den Schulsport, aber dafür brauche es auch Mittel – die Kosten sollten nicht den Geringverdienern aufgebürdet werden. Man müsse auch aufpassen nicht die Autonomie der Schulen zu verletzen.
Jasmin Ladurner (SVP) dankte Ploner, das wichtige Thema aufs Tapet gebracht zu haben. Die Jugendlichen seien von den Einschränkungen stark betroffen gewesen und hätten stark darunter gelitten. Die Südtiroler Schule sei sich des Problems bewusst, es sei ein Ausbau des sozialpädagogischen Dienstes geplant und Treffen mit Jugendvereinen, um eine umfassende Post-Corona-Strategie zu finden, die alle Bedürfnisse berücksichtige.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte ihre Zustimmung zum Antrag an. Die Jugendlichen brauchten den Austausch mit Gleichaltrigen, sie würden dabei nicht nur über TV-Serien oder Kosmetik sprechen, sondern auch um Inneres. Das sei ihnen in dieser Zeit entgangen. Daher brauche es nun zusätzliche Maßnahmen, um auf den Notstand reagieren. Die Kommunikation über den Bildschirm sei kein Ersatz.
Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an den Antrag zu den Schulpsychologen, den sie gemeinsam mit Veronika Stirner eingebracht habe. Die Jugendlichen bräuchten als niederschwellige Anlaufstelle die Beratungslehrer. Die nächste Ebene sei der sozialpädagogische Dienst. Wenn es aber um Ängste und Psychosen gehe, brauche es den psychologischen Dienst. Das Angebot sei derzeit sehr gut, aber sie räume ein, dass es einen Ausbau brauche.
Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) erinnerte an jugendliche Randalierer, die nach dem Spiel gegen Österreich für Unruhe auf dem Siegesplatz sorgten, oder Jugendliche mit Migrationshintergrund, die in Sinich Videos mit Pistolen drehten. Es sei seit langem ein Problem, das durch Covid verstärkt worden sei. Diese Jugendliche seien auch Schüler. Die Gesellschaft müsse sich der Schwere des Problems bewusst werden, da würden keine warmen Umschläge helfen.
Der Großteil der Jugendlichen habe sich sehr wohl an die Regeln gehalten, und dafür gebühre ihnen ein Dank, meinte Ulli Mair (Freiheitliche). Sie glaube nicht, dass sich das in jenem Alter hätte gefallen lassen. Es brauche jetzt aber nicht eine besondere Strategie, wie unter Punkt 1) gefordert, es brauche die Rückkehr zur Normalität. Die Jugendlichen würden sich dann schon selber zu helfen wissen. Einen Ausbau des schulpsychologischen Diensts halte sie aber für notwendig. Auch die Eltern würden oft einen Psychologen brauchen. Viele Kinder und Jugendliche hätten sich in dieser Zeit abgekapselt und ins Internet zurückgezogen.
Die meisten Jugendlichen hätten sich an die Regeln gehalten, bestätigte LR Philipp Achammer. Viele hätten auch darunter gelitten, wenn ihrer Eltern an ihnen einen ideologischen Konflikt ausgetragen hätten. Der persönliche Rückzugsraum sei abhandengekommen, als die Schule zu Hause stattgefunden habe. Der beste Fernunterricht könne den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Südtirol habe im Vergleich mit anderen Regionen und Bundesländern mehr Präsenzunterricht. Zu den im Antrag angesprochenen Themen habe es bereits Treffen gegeben, eine weitere Expertenkommission sei nicht nötig. Zum schulpsychologischen Dienst sei vor Jahren ein Programm erstellt worden, an das man sich weiter halten wolle. Man wolle nicht mehrere Berufsbilder vor Ort, sondern eines, das auch als Schnittstelle zu den anderen Fachdiensten fungiere. Der Schulsozialarbeiter und die Schulsozialpädagogin würden entsprechend geschult. Die Stelle für den Schulsport sei ausgeschrieben und ein neues Konzept erstellt worden.
LR Giuliano Vettorato bestätigte, dass die Pandemie zu Problemen bei den Jugendlichen geführt habe, die man angehen müsse. Es gebe bereits einschlägige Gremien, die sich mit der Materie befassten. An der italienischen Schule gebe es auch den psychologischen Dienst. Eine Stelle für Schulsport gebe es in allen drei Schulämtern.
Alex Ploner (Team K) bedauerte, dass sogar die Abg. Ladurner, die sich dafür ausgesprochen habe, dagegen stimmen werde. Das Thema sei jedenfalls noch breiter zu diskutieren, wie es auch Urzì gefordert habe. Psychiater Conca habe bestätigt, dass Covid die Probleme verstärkt habe. Der Jugend sei jedenfalls für ihre Disziplin zu danken; daher verstehe er nicht, warum die Stadien geöffnet würden und die Diskotheken nicht.
Der Antrag wurde in Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.