Von: luk
Bozen – Im Regionalrat wurden heute Änderungen an Familienpaket und Sozialvorsorge verabschiedet.
Gesetzentwurf Nr. 43: Änderungen zum Regionalgesetz vom 18. Februar 2005, Nr. 1 in geltender Fassung (Familienpaket und Sozialvorsorge), eingebracht von der Regionalregierung). Durch diesen Gesetzentwurf sollen Art. 1 und Art. 2 des Regionalgesetzes vom 18. Februar 2005, Nr. 1 (Familienpaket und Sozialvorsorge) i.d.g.F. geändert werden, in denen die Vorsorgebeiträge zugunsten von Personen geregelt werden, die der Arbeit fernbleiben, um ihre Kinder bzw. pflegebedürftige Familienangehörige zu betreuen, heißt es im Begleitbericht. Insbesondere sollen die Änderungen an den oben genannten Bestimmungen die Verwaltung dieser Maßnahmen vereinfachen und sie von der oft sehr komplizierten Überprüfung der Versicherungsauszüge und Daten des INPS/NISF entkoppeln. Zudem sieht der Gesetzentwurf die Ausdehnung der Maßnahmen auf bestimmte Berufsgruppen vor, so beispielsweise die Hausangestellten, die auf die Beiträge für den Aufbau ihrer Vorsorge bauen können.
Die Generaldebatte zum Gesetzentwurf war bereits am Vortag abgeschlossen worden.
Zum Gesetzentwurf wurden zwei Tagesordnungen eingereicht.
Mit dem ersten forderten Maria Elisabeth Rieder, Alex Ploner, Franz Ploner und Paul Köllensperger (Team K) einen Fonds zur Angleichung der Elternzeiten in der Privatwirtschaft an den öffentlichen Dienst. Der Regionalrat möge die Regionalregierung verpflichten, 1. innerhalb des Jahres 2022 zu prüfen, welche Voraussetzungen zu schaffen sind und wie viele finanzielle Mittel benötigt werden, um die Angleichung der Elternzeiten in der Privatwirtschaft an jene im Öffentlichen Dienst zu ermöglichen; 2. in der Folge einen Fonds einzurichten, der die finanziellen Mittel vorsieht, um eine Angleichung der Elternzeiten in der Privatwirtschaft an jene des öffentlichen Dienstes zu ermöglichen.
Die unterschiedliche Behandlung beeinträchtige die Vorsorge vieler Frauen, bemerkte Maria Elisabeth Rieder (Team K). In der Privatwirtschaft seien – immer bei einer Besoldung von 30 Prozent – maximal 6 Monate Rentenzeit möglich, im öffentlichen Dienst 11 Monate, mit der Möglichkeit eines Wartestands von maximal 2 Jahren. Für den unbezahlten Wartestand würden die Sozialabgaben eingezahlt, Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Rieder beantragte getrennte Abstimmung über die beiden Punkte – mit dem ersten Punkt könnte man zumindest das Kostenausmaß abschätzen. Die Region könne nicht über das normale Rentensystem eingreifen, daher wolle man diese Möglichkeit über das regionale Zusatzrentensystem einführen. Die Region müsse die Voraussetzungen schaffen, die Wahl stehe den Familien zu.
Ass. Waltraud Deeg schickte voraus, dass die Regionalregierung alle Ziele – wie etwa die Wahlfreiheit, die längere Elternzeit usw. – unterstütze. Im Bereich der Elternzeit habe die Region leider keine Zuständigkeit, man dürfe nicht falsche Erwartungshaltungen nähren. Wenn die Regionalregierung das tun könnte, hätte sie es längst getan. Italien habe mit der geteilten Elternzeit einen guten Ansatz, der aber leider wenig in Anspruch genommen werde. Der öffentliche Arbeitgeber könne über die Kollektivverträge weiterreichende Möglichkeiten schaffen als der Staat es vorsehe, und das tue sie auch. Die Regionalregierung könne diese Tagesordnung nicht annehmen, sei aber gerne bereit, mit den Einbringern über geeignete Lösungen zu diskutieren.
Maria Elisabeth Rieder verwies auf Punkt 1 des Antrags. Dort gehe es darum, zu prüfen, welche Voraussetzungen man für die Chancengleichheit schaffen könne und was es kosten würde. Der Regionalrat täte gut daran, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, die die Bürger interessierten.
Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) schlug den Einbringern vor, die Tagesordnung in einen Begehrensantrag an das Parlament umzuwandeln, um das Anliegen bei der richtigen Stelle voranzubringen.
Maria Elisabeth Rieder zog ihren Antrag zurück. Sie werde ihn als Begehrensantrag wieder einbringen.
Mit einer zweiten Tagesordnung forderten Alex Marini und Diego Nicolini mehr Chancengleichheit bei der Sozialvorsorge. Der Regionalrat möge die Regionalregierung verpflichten, die Einführung von Maßnahmen zwecks Abdeckung der Vorsorgebeiträge zugunsten von Frauen abzuwägen, denen die laut Landesgesetz der Provinz Trient Nr. 6 vom 9. März 2010 “Maßnahmen zur Vorbeugung der Geschlechtergewalt und zum Schutz der Frauen, die Gewalt erfahren haben” vorgesehene Selbstbestimmungszulage zuerkannt wird, sowie zugunsten der Frauen, die in der Provinz Bozen die vom Sozial- und Fürsorgedienst im Rahmen des Frauenhauses” angebotenen Unterstützungen erhalten; Initiativen in Erwägung zu ziehen – auch durch die Einsetzung eines Expertentisches bestehend aus der Kommission für Chancengleichheit von Frauen und Männern der Provinz Trient, dem Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen der Provinz Bozen und den zuständigen Ämtern der Region, allem voran dem Amt für die Sozialfürsorge und die Ordnung der ÖBPB – um Maßnahmen im Bereich der Ergänzungsvorsorge einzuführen, damit die Unterschiede in der Ruhestandsbesoldung zwischen Frauen und Männern verringert werden, mit einem besonderen Augenmerk auf die sozialen Kategorien, die niedrige Einkommen und Pensionen beziehen.
Im ersten Punkt gehe es um einen kleinen, aber wichtigen Nachtrag zum Gesetz, im zweiten um ein umfassenderes Anliegen, um die Rentenschere zwischen Frau und Mann, erklärte Alex Marini (5 Stelle). Während Männer durchschnittlich 24.000 Euro jährlich an Rente bekämen, fielen für die Frauen nur 17.000 Euro ab. Die Lohnschere sei in Italien mit 5 Prozent hingegen geringer als im europäischen Schnitt (16 %). In der Region Trentino-Südtirol betrage der Unterschied aber mehr als 30 Prozent.
Paolo Zanella (Grüne) unterstützte die Tagesordnung. Seine Fraktion habe bereits eine entsprechende Unterstützung für Frauen vorgeschlagen, die Opfer von Gewalt seien. Wichtig sei auch der zweite Punkt, jener zur Rentenschere. Es seien fast ausschließlich die Frauen, die sich um Kinder und pflegebedürftige Angehörige kümmerten und dadurch einen Aussetzer in der Karriere hätten.
Sara Ferrari (PD) unterstützte die Initiative ebenfalls. Frauen, die Gewalt erlitten hätten, würden oft die Arbeit verlieren, weil sie z.B. Wohnort wechseln müssten. Unterstützenswert sei auch Punkt 2. Es brauche eine breite Zusammenschau einschlägiger Stellen, um eine Lösung für die Rentenschere zu finden.
Ass. Waltraud Deeg bezeichnete die Unterstützung von Frauen in Gewaltsituationen als verständliches Anliegen. Diese Unterstützung sei aber bereits gegeben; auch diese Frauen könnten um Unterstützung für die Rentenbeiträge ansuchen. Dem Punkt 2 könnte man im Prinzip zustimmen, aber es fehle die Zuständigkeit der Region.
Alex Marini entgegnete, dass komplexe Maßnahmen erforderlich seien, um die Beschränkungen abzubauen, die die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit nicht gewährleisteten. Er sagte, er sei bereit, über einzelne Punkte abzustimmen, um sich mehr Möglichkeiten zu sichern (2). Es sollte erwähnt werden, dass eine ergänzende Beitragsmaßnahme in Betracht gezogen werden kann, bei der auch Steuergutschriften berücksichtigt werden. Der in der Tagesordnung enthaltene Vorschlag ist konkret im Sinne einer fruchtbaren Zusammenarbeit im Bereich der sozialen Sicherheit und wäre ein wichtiges politisches Signal. Sara Ferrari wies darauf hin, dass die Antwort von Ass. Deeg auf die Rolle der beiden Provinzen zutreffe, nicht auf die Region.
Punkt 1 der Tagesordnung wurde mit 19 Ja, 34 Nein und drei Enthaltungen, Punkt 2 mit 19 Ja, 35 Nein und 5 Enthaltungen abgelehnt.
Anschließend genehmigte das Plenum den Übergang zur Artikeldebatte.
Art. 1 betrifft Beiträge zugunsten von Personen, die für die Betreuung ihrer Kinder von der Arbeit fernbleiben, wobei man sich zwischen Pflichtvorsorge und Zusatzrente entscheiden muss.
Brigitte Foppa (Grüne) kritisierte die Streichung des Zusatzbeitrags zugunsten der Väter. Maria Elisabeth Rieder (Team K) bedauerte, dass der Beitrag nicht mehr mit jenem für Künstler kumulierbar sei.
Der Artikel wurde mit 45 Ja und 15 Enthaltungen genehmigt.
Art. 2 regelt die Beiträge für freiwillige Beitragszahlungen und öffnet diese Möglichkeit auch Hauspflegekräften.
Der Artikel wurde mit 55 Ja und 1 Enthaltung genehmigt.
Art. 3 enthält Übergangsbestimmungen und wurde ohne Debatte mit 56 Ja und 2 Enthaltungen genehmigt.
Art. 4 enthält die Finanzbestimmung und wurde ohne Debatte mit 56 Ja und 3 Enthaltungen genehmigt.
Der Gesetzentwurf wurde mit 54 Ja und 3 Enthaltungen genehmigt.
Beschlussfassungsvorschlag Nr. 19: Abgabe des Gutachtens im Sinne des Artikels 103 Absatz 3 des Sonderstatutes für Trentino-Südtirol zum Verfassungsgesetzentwurf Akt des Senats Nr. 35/XVIII betreffend “Änderungen am Sonderstatut der Region Trentino-Südtirol betreffend die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Region und der Autonomen Provinzen Trient und Bozen”, eingebracht von den Senatoren Durnwalder, Steger und Unterberger. Der Entwurf sieht eine Stärkung der beiden Provinzen vor, durch Übertragung von Zuständigkeiten und Umwandlung von sekundären in primäre Zuständigkeiten.
Der Beschlussfassungsvorschlaf war bereits am 23. September andiskutiert worden.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) betonte in seiner Stimmabgabeerklärung, dass es um ein Gutachten zu einem sehr wichtigen Gesetzentwurf gehe. In diesen politischen Zeiten eine solche weitreichende Änderung des Statuts anzugehen, sei ein Risiko. Er erinnerte an die Arbeit von Autonomiekonvent und Consulta, mit denen eine Reform von unten eröffnet wurde. Diese beiden Gremien seien von der Mehrheit gewollt worden. Deren Arbeit werde durch den Gesetzentwurf im Senat versenkt. Man wolle wieder den alten Weg der Geheimverhandlungen mit Rom gehen. Man sollte wenigstens sagen, warum man die Arbeiten der beiden Bürgergremien liegen lasse.
Paul Köllensperger (Team K) äußerte ebenfalls Bedenken, wenngleich er nie gegen einen Ausbau der Autonomie sei. Es sei die Vorgangsweise, die zu kritisieren sei. Die Autonomie sei ein gut aller Bürger, und eine Reform dürfe nicht in Eigenregie gemacht werden. Wenigstens sollte zuerst der Verfassungsgesetzentwurf Nr. 29 mit dem Einvernehmen durchgehen, um gewisse Risiken auszuschließen.
Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) beantragte die namentliche Abstimmung. Es gehe um einen Gesetzentwurf, der praktisch die Abschaffung der Region wolle; deswegen sollte jeder sein Gesicht zeigen.
Giorgio Tonini (PD) sah das Ganze als Zeitverschwendung. Man stimme über reine Propagandadokumente ab, die auch mehr Zwietracht brächten. Seine Fraktion habe eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen, die das Resümee aus den Arbeiten von Consulta und Konvent ziehe, aber das sei abgelehnt worden. Tonini kündigte Stimmenthaltung an.
Nach einer Unterbrechung auf Antrag von Präs. Fugatti beantragte Alessandro Urzì eine Fraktionssprechersitzung.
Die Arbeiten werden um 14.30 Uhr wieder aufgenommen.