Von: mk
Bozen – Vor genau 100 Jahren, am 15. Juli 1923, hielt Ettore Tolomei im Bozner Stadttheater eine Rede zum Thema „Intendimenti del Governo Nazionale per l’Alto Adige“. Darin präsentierte er ein umfassendes Programm zur Entnationalisierung und Italianisierung Südtirols. Tolomei ging in die Geschichte als Totengräber Südtirols und als Erfinder des Alto Adige ein. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums präsentierte heute die Süd-Tiroler Freiheit im Rahmen einer Kunstinstallation die Kernpunkte der Hassrede Tolomeis auf Blättern aufgehängt auf einer Wäscheleine im Bozner Stadtpark.
Dass dafür der Bozner Stadtpark gewählt wurde, ist kein Zufall: Hier stand einst das Bozner Stadttheater, in dem damals Tolomei seinen großen Auftritt hatte und das jedoch im 2. Weltkrieg völlig zerstört wurde. Jedes Blatt auf der Wäscheleine steht für eine der insgesamt 39 Punkte, unter denen Ettore Tolomei seine nationalistischen Forderungen einreihte.
Die Forderungen betrafen sämtliche Bereiche des politisch-administrativen, wirtschaftlichen, sozialen und insbesondere des kulturellen Lebens. „Sie dienten einzig dazu, die Südtiroler zu unterdrücken, majorisieren und am Ende zu assimilieren“, erklärt die Süd-Tiroler Freiheit. Manche Forderungen wurden nach der Rede Tolomeis unverzüglich umgesetzt, wie etwa die Zusammenlegung von Südtirol und dem Trentino in eine einzige mehrheitlich italienische Provinz mit der Hauptstadt Trient. Auch die Umsetzung von manch anderen Forderungen ließ nicht lange auf sich warten, etwa das Verbot der deutschen Sprache.
„Nach dem Ende des Faschismus wurde eine Reihe der Maßnahmen zwar rückgängig gemacht, doch von diesen sind die Folgen zum größten Teil bis heute spürbar, und manche Maßnahmen sind bis heute sogar vollumfänglich aufrecht, etwa die flächendeckend italianisierten Ortsnamen. Tolomeis Forderungen hängen zwar auf einer Wäscheleine und stehen symbolisch für den Versuch, sie im Laufe der Zeit reinzuwaschen“, sagt Cristian Kollmann von der Süd-Tiroler Freiheit. Und weiter: „Doch sie sind und bleiben Schmutz, denn bis heute sind sie Ausdruck einer beispiellosen und respektlosen Unterdrückungspolitik eines größenwahnsinnigen Fanatikers! Für manche italienische Parteien, für die Grünen und mittlerweile teilweise auch für die SVP dienen sie bis heute als Inspirationsquelle für ihre fortwährende Politik der Assimilierung der Südtiroler. Die Verteidigung und Relativierung der faschistischen Symbole und Ortsnamen, die Forderung nach der Einführung einer gemischtsprachigen Schule oder die Abschaffung der deutschen Schule oder des ethnischen Proporzes stehen bis heute auf der Agenda dieser tirolfeindlichen Parteien.“
Die Kunstinstallation der Süd-Tiroler Freiheit soll die hasserfüllte Rede von vor 100 Jahren in Erinnerung rufen. „Sie soll aber warnen und mahnen: Warnen vor der Sorglosigkeit im Umgang mit dem faschistischen Geist, der in Südtirol noch allgegenwärtig ist; und mahnen zur Distanzierung von jeder Art nationalistischer Unterdrückungspolitik sowie zu einem friedlichen und ehrlichen Miteinander“, erklärt die Bewegung in einer Aussendung.