Trump hat Putin noch nicht abgeschrieben

Trump: “Habe noch nicht mit Putin abgeschlossen”

Dienstag, 15. Juli 2025 | 21:58 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Russland kritisiert den von US-Präsident Donald Trump anvisierten Ankauf von US-Waffen durch NATO-Staaten für die Ukraine. “Die Äußerungen des US-Präsidenten sind sehr ernst”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Trump will trotz seiner Enttäuschung die Verhandlungen mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin nicht aufgeben. “Ich bin von ihm enttäuscht, aber ich habe mit ihm noch nicht abgeschlossen”, sagte Trump dem britischen Sender BBC.

Bereits viermal habe er gedacht, dass er sich mit Putin geeinigt habe, “und dann kommst du nach Hause und siehst, dass er gerade ein Pflegeheim oder so etwas in Kiew angegriffen hat”, ergänzte der US-Präsident. Auf die Frage, ob er Putin traue, antwortete Trump: “Ich traue fast niemandem, um ehrlich zu sein.”

US-Präsident “auf der Seite von niemandem” im Krieg

Trump betonte am Dienstag vor Journalisten, er stehe “auf der Seite von niemandem” im Krieg.”Ich stehe auf der Seite der Menschlichkeit”, betonte Trump. “Ich will das Töten tausender Menschen pro Woche stoppen.” Zugleich bestritt er, dass die USA der Ukraine Langstreckenwaffen zur Verfügung stellen wolle. “Nein, das ist nicht unsere Absicht”, sagte Trump.

Der Republikaner wurde zudem gefragt, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskau oder andere Ziele tiefer in Russland ins Visier nehmen sollte. Trump antwortete darauf: “Nein, er sollte nicht auf Moskau zielen”. Der US-Präsident sah sich mit diesen Fragen konfrontiert, nachdem die “Financial Times” berichtet hatte, Trump habe die Ukraine zu Angriffen tief im russischen Hinterland ermutigt.

Bei einem Telefonat mit Selenskyj habe er gefragt, ob Kiew Russlands Hauptstadt Moskau oder die zweitgrößte Stadt des Landes, St. Petersburg, treffen könne, falls die USA Langstreckenwaffen lieferten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf zwei mit dem Gespräch vertraute Personen. Mehrere US-Medien zitierten daraufhin Trumps Sprecherin Karoline Leavitt übereinstimmend mit der Aussage, dass Trump lediglich eine Frage gestellt, jedoch nicht zu weiteren Tötungen aufgerufen habe.

Am Montag hatte der US-Präsident neue Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Laut Trump sollen US-Waffen, etwa für die Luftabwehr, von europäischen Ländern bezahlt werden. Zugleich drohte er Russland und dessen Handelspartnern mit Sanktionen und hohen Zöllen, sollte die Führung in Moskau binnen 50 Tagen keinem Friedensabkommen zustimmen. Die Ankündigung gilt als Kurswechsel nach erfolglosen Bemühungen Trumps um ein Entgegenkommen Russlands im Ukraine-Krieg.

Hämische Reaktionen in Russland

In Russland reagierten ranghohe Politiker mit Häme auf die von Trump angekündigten Waffenlieferungen für die Ukraine und angedrohten Sanktionen. Der Kreml selbst sagte, die Erklärungen zu analysieren. Der Ankauf von amerikanischen Waffen durch NATO-Staaten sei kein Signal für Friedensbemühungen. Solche Entscheidungen nehme die ukrainische Seite als Zeichen für eine Fortsetzung des Krieges wahr, sagte Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, wies die Drohungen am Dienstag als “theatralisches Ultimatum” zurück: Die Führung in Moskau schere sich nicht darum. “Trump hat dem Kreml ein theatralisches Ultimatum gestellt. Die Welt schauderte und erwartete die Konsequenzen”, schrieb der Putin-Vertraute und frühere Staatschef als Platzhalter Putins auf der Online-Plattform X. “Das kriegerische Europa war enttäuscht. Russland kümmerte es nicht.”

“Wenn das alles ist, was Trump heute zur Ukraine sagen wollte, dann sind die Erwartungen bisher zu hoch gesteckt worden”, schrieb der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, am Montagabend bei Telegram. Er meinte, dass die Erklärung Trumps zum Ukraine-Konflikt die Stimmung in Russland nicht beeinflussen werde.

Der Kreml hatte bereits auf die Gerüchte neuer Waffenlieferungen an die Ukraine erklärt, dass es keinen großen Unterschied zur bisherigen Lage gebe, da die USA immer Waffen geliefert hätten. Die russische Börse reagierte im Anschluss an den Auftritt Trumps im Weißen Haus mit einem Kursanstieg.

Klitschko: Angriffe in letzter Zeit viel intensiver geworden

Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, warf Trump wegen der Fristsetzung Zögerlichkeit vor. Einerseits freue er sich über die Welle der Unterstützung aus den USA, andererseits aber verstehe er nicht den Grund, Putin 50 Tage Zeit zu geben, sagte Klitschko in der ARD-Talkshow “Maischberger”. “Die Angriffe sind viel intensiver geworden in letzter Zeit.” Ständig sterben sehr viele Zivilisten, auch Kinder. Die Ukraine benötige moderne Waffen und auch das Luftabwehrsystem vom Typ Patriot, sonst könne das Land nicht verteidigt werden.

Dänemark will US-Patriot-Systeme für Ukraine mitfinanzieren

Dänemark will sich an der Finanzierung von Patriot-Flugabwehrsystemen für die Ukraine beteiligen. Man werde “seinen Teil beitragen”, sagte Außenminister Lars Løkke Rasmussen am Dienstag in Brüssel. Die USA seien bereit, die Systeme zu liefern, wenn die Finanzierung gesichert sei. Auch die Niederlande äußerten sich positiv. Er hoffe, dass andere Länder dies auch so sähen, sagte Außenminister Caspar Veldkamp beim Treffen der EU-Ressortchefs.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, der am Montag in Washington seinen US-Amtskollegen Pete Hegseth traf, bekräftigte, dass Deutschland zwei Patriot-Systeme im Wert von insgesamt zwei Milliarden Euro von den USA kaufen wolle, um sie an die Ukraine weiterzugeben. Letzte Details würden noch geklärt, sagte Pistorius.

Zwei Tote durch russische Angriffe in Charkiw

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw sind indes mindestens zwei Zivilisten durch russische Angriffe getötet worden. Zwei weitere seien verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft des Gebiets bei Telegram mit. Im Dorf Prykolotne im Landkreis Kupjansk sei ein Mann durch eine ferngesteuerte Drohne getötet worden. In der zugehörigen Kreisstadt kam demnach ein zweiter Mann infolge einer russischen Attacke ums Leben. Die Frontlinie verläuft nur wenige Kilometer von Kupjansk entfernt. Vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 lebten mehr als 26.000 Menschen in der Stadt.

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