Von: mk
Rom/Turin/Bozen – Ein Ehemann, der seine Frau jahrelang vulgär beschimpft und ihr schließlich das Gesicht zertrümmert hat, wird nur wegen erschwerter Körperverletzung, nicht wegen Misshandlungen in der Familie verurteilt. Die Beschimpfungen seien im Kontext der Beziehungsgeschichte zu sehen. So lautet die Begründung eines Urteils am Gericht in Turin. Die Vorsitzende der Autonomiegruppe, Julia Unterberger, zeigt sich in einer Stellungnahme entsetzt.
„Für den Richter muss der Mann, der seiner Frau das Gesicht zertrümmert hat, sodass eine Operation mit 21 Titanplatten notwendig war und ein dauerhafter Schaden am Sehnerv entstand, nicht ins Gefängnis. Unter Anwendung mildernder Umstände gab es lediglich eine Verurteilung zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung. Der Richter meinte, man müsse den Mann verstehen: Es sei ein Ausbruch gewesen, ein nachvollziehbares menschliches Gefühl angesichts der Entscheidung der Frau, die Ehe zu beenden“, erklärt Unterberger.
Für sie scheint das Urteil aus einer fernen Vergangenheit zu stammen, als es noch das ius corrigendi gab – das Recht des Mannes, die Ehefrau auch mit Gewalt zu erziehen und zu korrigieren. Damals waren auch noch die Ehrenmorde gesellschaftlich akzeptiert.
„Im Grunde macht der Richter die Frau mitverantwortlich für die Gewalt. Hätte sie den Mann nicht verlassen und sich in einen anderen verliebt, dann hätte sie nicht um ihr Leben fürchten müssen. Urteile sind nicht einfach juridische Akte. Sie sind Teil der Kultur, die zum öffentlichen Diskurs wird und Gesellschaft, Institutionen und Politik prägt. Auch deshalb ist das Urteil von Turin nicht nur falsch – es ist erschütternd“, erklärt die SVP-Senatorin.
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