Von: luk
Bozen – Die Debatte um die Gehälter für Lehrkräfte in Südtirol hält weiter an. Die Gewerkschaften beklagen seit den 1990-er Jahren eingefrorene Gehälter, die den heutigen Lebenshaltungskosten und dem Berufsbild keineswegs gerecht werden. Außerdem, so die Lehrkräfte, seien die Herausforderungen im Schulalltag in den letzten 20 Jahren deutlich gestiegen. Man denke dabei an die Zunahme von Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund oder Schülern mit besonderen Bedürfnissen. Zuletzt wurde bemängelt, dass die von der Landesregierung gemachten Versprechen in Bezug auf eine Gehaltsanpassung auf sich warten lassen.
Im Frühjahr diesen Jahres zeigte ein Vergleich der Lehrergehälter zwischen Südtirol und Nordtirol, dass Lehrerinnen und Lehrer hierzulande um die Hälfte weniger verdienen. Das ist neben einem starren System auch mit ein Grund, warum es viele junge Lehrkräfte aus Südtirol ins deutschsprachige Ausland zieht. Da Bildung ein entscheidender Grundstein für Demokratie und Wohlstand eines Landes sind, ist es wenig verständlich, dass die Südtiroler Landesregierung hier und auch in anderen Bereichen nicht energischer agiert. In Südtirol hört man immer öfter Klagen, wonach die öffentliche Hand stets Geld für die Hardware (also Beton) hat, sich aber bei den Köpfen ziert.
SWR fordert Kooperationsbereitschaft der Lehrkräfte bei Sommerbetreuung
Jedenfalls platzt heute der Südtiroler Wirtschaftsring mit einer Forderung zur Leistungsbezogenheit der Lehrergehälter in die Debatte. Da heißt es in einer Aussendung: “Die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Bildung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gut ausgebildete Menschen bilden die Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft unseres Landes.” Die Lehrerschaft leiste dabei eine unverzichtbare Arbeit, die Anerkennung verdient. “Nichtsdestotrotz fehlt aus Sicht des Südtiroler Wirtschaftsrings (swr-ea) bei der ganzen Debatte um die Erhöhung der Gehälter die Leistungsbezogenheit. Leistung soll in der Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Eine verstärkte Kooperationsbereitschaft von Seiten der Gewerkschaften in bestimmten Bereichen wie etwa bei der Sommerbetreuung täte dem ganzen Diskurs gut.”
Die Landesregierung habe nun mit der Definierung der notwendigen Haushaltsmittel im Ausmaß von 330 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre die Voraussetzungen für die Aufnahme der entsprechenden Verhandlungen geschaffen, so der Südtiroler Wirtschaftsring. “Völlig unverständlich ist es daher, dass die beiden Initiativgruppen ‘Qualitätsmarke Bildung Südtirol’ und ‘Bildung am Abgrund’ das Angebot des Landes – bestehend aus einem Inflationsausgleich von rund 380 Euro brutto pro Mitarbeiter und Monat im öffentlichen Dienst sowie einer zusätzlichen Gehaltserhöhung von ca. 400 Euro brutto monatlich in den kommenden Jahren – als ‘verspäteten Aprilscherz’ bezeichnen. Solche Aussagen sind weder zielführend noch tragen sie zu einer konstruktiven Diskussion bei. Im Gegenteil: Sie können zu gesellschaftlicher Spaltung führen. Es geht vielmehr darum, gemeinsam Wege zu finden und Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine positive Entwicklung des Landes sichern. Gegenseitiger Respekt und Anerkennung sind für einen nachhaltigen Erfolg in Bildung und Gesellschaft von großer Bedeutung.”
Team K sieht “Zeit für echte Reformen” gekommen
Das Team K steht hingegen hinter der Lehrerschaft in Südtirol und sieht anlässlich des beginnenden neuen Schuljahres die “Zeit für echte Reformen” gekommen. Der Schulstart stehe unter dem Schatten der Proteste zahlreicher Lehrpersonen, die mit Nachdruck auf Missstände im Bildungssystem hinweisen. Alex Ploner vom Team K zeigt Verständnis für diese Maßnahmen und fordert Reformen, um die Schule zukunftsfit zu machen.
„Wenn Lehrpersonen protestieren, dann nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil sie seit Jahren mit einem System kämpfen, das ihre Arbeit erschwert und die Zukunft unserer Kinder gefährdet. Wir stehen seit Jahren an der Seite der Lehrkräfte und fordern die Landesregierung auf, endlich schnell zu handeln. Der Ankündigungen und Versprechen haben die Lehrkräfte genug gehört”, erklärt Alex Ploner, Landtagsabgeordneter von Team K.
Seit Jahrzehnten werde die Bildungspolitik in Südtirol von der SVP dominiert und ebenso lange fehle es an echter Innovationsbereitschaft. “Während andere Länder längst moderne Modelle umsetzen, die Bildung, Betreuung und Freizeit sinnvoll verbinden, verharrt Südtirol in alten Strukturen.” Die Folgen seien spürbar: “Überlastete Lehrpersonen, unzufriedene Eltern und Schülerinnen und Schüler, die nicht optimal gefördert werden. Auch das sonst so hochgepriesene inklusive Schulmodell gerät zunehmend ins Wanken. Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder Lernschwierigkeiten und deren Familien müssen immer stärker um eine gute Betreuung kämpfen. Ganz zu schweigen von einer guten Betreuung und Sozialisierung nach der Schule.”
Das Team K erneuert seine Vorschläge, wie bilinguale Schulmodelle vom Kindergarten beginnend, einen jährlichen Bildungsgipfel, der alle Stakeholder an einen Tisch bringt sowie Anhörungen zur Schule im Landtag, um Transparenz und Beteiligung zu stärken.
„Jetzt ist die Zeit gekommen, diese Ideen nicht länger zu ignorieren, sondern mutig, zeitnah und mit genügend Ressourcen umzusetzen. Die Schule muss ein Ort der Zukunft sein – nicht ein Museum der Vergangenheit“, ist Alex Ploner überzeugt.
Das Team K fordert die Landesregierung auf, den Protest der Lehrpersonen als Weckruf zu verstehen und den Mut für echte Reformen zu zeigen. “Allein die Tatsache, dass der vom Landtag beschlossene jährliche Bildungsgipfel laut Aussagen von Bildungsladesrat Achammer erst angegangen wird, sobald die Lohnverhandlungen abgeschlossen sind, zeigt, dass der Wille zur Veränderung fehlt. Auch sollte ernsthaft die Frage gestellt werden, ob im Schulsystem und in der Führungsebene in der derzeitigen Situation schon die richtigen Leute an den richtigen Hebeln sitzen, um die Südtiroler Schule zukunftsfit zu machen und das Gesamtkonzept “Bildung, Betreuung, Freizeit” wie es etwa die Niederlande vormachen, professionell umzusetzen.
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