Doppelpass darf Land nicht spalten – ein Kommentar

Wer darf „Österreicher“ werden?

Donnerstag, 18. Januar 2018 | 01:19 Uhr

Bozen – Die Doppelpassdiskussion ist nun schon mehrere Wochen alt, aber mit jeder neuen Stellungnahme und mit jedem Politikertreffen werden die Fragen mehr anstatt weniger. Im Mittelpunkt stand zuletzt, wer überhaupt die Möglichkeit bekommen soll, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Sollen „nur“ jene Südtiroler sie erhalten, die österreichisch-ungarische Vorfahren – also Bürger der Donaumonarchie – vorweisen können? Soll sie an die Sprachgruppenzugehörigkeit – wer sich als Deutschsüdtiroler oder Ladiner erklärt, soll die Möglichkeit bekommen – gekoppelt werden oder sollen, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher meint, alle Bürger Südtirols einbezogen werden? Und was ist mit den Trentinern, die fleißig Unterschriften sammeln, und den Ladinern von Buchenstein und Cortina?

APA/HANS KLAUS TECHT

Das Vorhaben ist bis jetzt nur eine schwammige und sehr allgemein gehaltene Willensbekundung in einem Koalitionsabkommen. Die Umsetzung, die auch nicht wenige rechtliche Fragen aufwirft, ist eine ganz andere Geschichte. Nicht zuletzt, weil Italien selbst vielen Auslandsitalienern den Erwerb der Staatsbürgerschaft ermöglicht hat, gibt man sich in Rom nicht offen ablehnend. Aber die Skepsis ist groß. Selbst heißblütige FPÖ-Politiker betonen, dass sie nur in Zusammenarbeit und Einvernehmen mit Italien die Doppelstaatsbürgerschaft umsetzen wollen. Und wenn sich Italien querstellt? Wie weit will Türkis-Blau in Wien dann gehen und eine massive Verschlechterung der Beziehungen riskieren? Einige Beobachter meinen, dass nach den Wahlen im Herbst das Thema vom Tisch ist.

Und in Südtirol? Bischof Ivo Muser richtete zu Recht warnende Worte an die Politik, dass der Doppelpass das Land nicht spalten dürfe. Südtirol hat nach langen Jahren des Gegeneinanders und Nebeneinanders endlich zu einem zaghaften Miteinander gefunden. Zerstören wir diese zarte Blüte nicht. Jeder Verantwortliche sollte die Worte unseres Bischofs beherzigen.

Von: ka

Bezirk: Bozen