Von: apa
Das reiche Erbe von Hallstatt (OÖ) wird nochmals deutlich erweitert: Der eng mit dem Salzabbau verbundene Ort im oberösterreichischen Salzkammergut ist laut neuen Funden nochmals deutlich älter als gedacht. Forscherinnen und Forscher fanden Hinweise auf eine erste Ansiedelung vor 7.500 Jahren. Zum Vorschein kamen die Artefakte, die auf ein “organisiertes, gutes Leben” hinweisen, im Zuge eines Bauvorhabens in Hallstatt Ort, wie die Archäologin Karina Grömer der APA erklärte.
Da der Ort mit seinem bei Touristen aus der ganzen Welt beliebten einzigartigen Erscheinungsbild – eng eingebettet zwischen Bergen und dem Hallstätter See – zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und Teile davon denkmalgeschützt sind, werden Bauvorhaben dort archäologisch begleitet. So auch jenes am Grundstück der Familie Kocsar-Riezinger, wie es am Mittwoch in einer Aussendung heißt. Schnell war dem Team um den Hallstätter Obertage-Grabungsleiter Gerald Raab sowie Grömer klar, dass hier reichhaltige Schichten dem Freilegen harrten. Unter mittelalterlichen Terrassierungsmauern, einer römischen Brandschicht, Ziegeln und Gefäßfragmenten sowie mächtigen Schichten aus der Jüngeren Eisenzeit (“Latènezeit”) fanden sich unter den insgesamt rund 1.000 gefundenen Objekten auch die mit Abstand ältesten Siedlungsnachweise von Menschen in der Gegend um den Ort, der mit der “Hallstattzeit” einer ganzen Kulturepoche – dem älteren Abschnitt der Eisenzeit um 800-400 vor unserer Zeitrechnung – den Namen gegeben hat.
Expertin ortet “Sensation”
Die Direktorin der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien spricht von einer “Sensation”, da die Besiedlungsgeschichte der historisch sehr wichtigen Region, mit ihrer langen Geschichte des Salzabbaus im Hallstätter Hochtal, damit nochmals um rund 500 Jahre erweitert wird, wie es Grömer ausdrückte. Das bisher älteste Artefakt aus der Gegend ist ein aus einem Geweih gefertigtes Werkzeug zum Salz-Schürfen, das rund 7.000 Jahre alt ist.
Der Fundort der nun neuen, ältesten prähistorischen Utensilien liegt an einer der wenigen halbwegs flachen Stellen zwischen Berg und See “am Eingang zum Ort”. Der See war für die Beförderung des raren und stark nachgefragten Salzes wichtig. Es sei auch denkbar, dass hier eine Art kleiner Hafen bestanden haben könnte. Der Grund, warum schon vor 7.500 Jahren Menschen in das schwer zugängliche, heutige Hallstatt kamen, konnte eigentlich nur das Salz gewesen sein, meint Grömer.
Funde aus Zeit der ersten sesshaft lebenden Menschen Europas
Nochmals erstaunlicher mache die Funde, dass sie in etwa aus der Zeit datieren, in der die allerersten sesshaft lebenden Menschen in unsere Breiten kamen. “Die früheste bäuerliche Siedlung datiert um 5.600 vor Christus und liegt in Brunn am Gebirge” – also im Wiener Raum, sagte Grömer. Das ist ob der Lage im fruchtbaren Wiener Becken nahe der Donau auch logisch. Im Salzkammergut waren die Umstände völlig anders. Dass man sich trotzdem dorthin vorgewagt hat, sei eben nur mit den Salzvorkommen zu erklären: “Woher auch immer sie wussten, dass es das dort gibt.”
Die nun gehobenen Artefakte geben laut Grömer auch erstaunliche Einblicke in das Leben der ersten Hallstätterinnen und Hallstätter in der Jungsteinzeit (Neolithikum). Gefunden wurden etwa Keramikfragmente. Das zeige, dass die Menschen Vorräte anlegten – eine Grundvoraussetzung für das Überleben. “Keramik taucht in Zentraleuropa erst vor 7.500 Jahren auf. Darum freut uns der Fund so sehr”, betonte die Archäologin. Zudem fand man Tierknochen – wahrscheinlich von Rind, Schwein, Schaf oder Ziege.
Fund-Präsentation in Hallstatt am 12. August
Dazu kommen auch aus der Altsteinzeit bekannte Feuersteinklingen, die in den frühen Bauern-Kulturen noch eine wichtige Rolle spielten. Gefunden wurden zudem neolithische, sogenannte Schuhleistenkeilfragmente. Diese Steinwerkzeuge wurden zum Fällen von Bäumen verwendet. “Spannend ist, dass auch Halbfertig-Produkte gefunden wurden. Das heißt, dass damals nicht Bauern für zwei, drei Wochen dort kampiert haben, und dann wieder gegangen sind. Dort ist auch produziert worden”, sagte Grömer.
Damit sei auch klar, dass “dort wirklich gewohnt wurde und die Leute ihre Geräte und Objekte, die sie etwa zum Hausbauen gebraucht haben, selbst hergestellt haben”. Mit Kolleginnen und Kollegen will Grömer das Bild noch mit weiteren Analysen und Datierungen der “noch ganz frischen” Funde verfeinern. Bisher deute alles auf ein “strukturiertes, organisiertes, gutes Leben vor 7.500 Jahren hin”.
Da im kommenden Jahr die Ausgrabungs-Kooperation zwischen dem NHM und der Salinen Austria AG 100 Jahre alt wird, sollen die neu gefundenen Fragmente und die von ihnen erzählte Geschichte in eine Buch-Publikation eingearbeitet werden. Öffentlich vorgestellt werden die Funde schon am Abend des 12. August am Vorplatz des Museums Hallstatt. Dort sollen sie nach eingehenden Untersuchungen im NHM im kommenden Jahr auch längerfristig zu sehen sein.
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