Österreich-Pavillon in Venedig öffnet seine Tore

Österreich-Pavillon in Venedig: “Wir müssen handeln!”

Freitag, 09. Mai 2025 | 15:02 Uhr

Von: apa

Mit einem “doppelten Blick” auf die Wohnungskrise in Großstädten will der österreichische Pavillon auf der 19. Architekturbiennale in Venedig Ansätze für Lösungen aufzeigen. “Auch wir als Architekten müssen handeln”, unterstrich Sabine Pollak, die mit Michael Obrist und Lorenzo Romito den diesjährigen Beitrag “Agency for Better Living” kuratiert hat, am Freitag bei der Pressekonferenz in den Giardini. Dabei setzt man mit Wien und Rom auf zwei gegensätzliche Perspektiven.

Keine einfachen Antworten auf Wohnungskrise

Während im Wien-Teil des Pavillons von Josef Hoffmann die lange Geschichte des Wiener Wohnbaus anhand konkreter Themen und Beispiele von den ersten Gemeindebauten in den 1920er Jahren bis hin zum Bau von ganzen Stadtteilen wie dem Nordbahnviertel oder der Seestadt im 21. Jahrhundert abgehandelt wird, steht im Rom-Teil der Schau der Aktivismus “von unten” im Zentrum. “Auf die Frage nach der Lösung der Wohnkrise gibt es keine einfachen Antworten”, so Pollak, die mit der Einladung Romitos, der den Rom-Teil verantwortet, die Komplexität der beiden Systeme veranschaulichen will, “um am Ende voneinander zu lernen”.

“Städte sollten Orte der Vereinbarkeit, des niederschwelligen Zugangs sowie des erschwinglichen und qualitativ hochwertigen Raums sein”, unterstrich Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), der auch für Kultur und Wohnen verantwortlich ist, bei seinem Statement auf der Pressekonferenz. “Normalerweise reden Architekten nicht direkt mit Politikern, heute haben wir die Möglichkeit dazu. Vielleicht sollten wir das öfter machen”, freute sich Pollak, die auf Problematiken wie teure Mieten und Kurzzeitvermietung von Wohnraum für den Tourismus hinwies. “Wir müssen Strategien entwickeln, was wir gegen Spekulation tun können.”

Strukturen des Wiener Wohnbaus werden offengelegt

Obrist strich die starke, oft unsichtbare Rolle der Wiener Stadtpolitik hervor, die – anders als Rom – stetig neue Grundstücke gekauft habe und somit nach wie vor leistbares Wohnen für die wachsende Stadt ermögliche. “Diese Radikalität, die Machtstrukturen dahinter, dass wir in Wien so leben können, ist meist unsichtbar. Daher wollten wir diese Strukturen in unserer Ausstellung offenlegen. Die Intelligenz dahinter, die eine leistbare Stadt ermöglicht.”

Romito, der in seinem Teil der Ausstellung zivilgesellschaftliche Projekte präsentiert, die aus Leerständen in der italienischen Hauptstadt leistbare Orte zum Leben geschaffen haben, freute sich über die Einladung, “die Realität in Rom aufzuzeigen”, wo politische Fehlentscheidungen Ruinen produziert hätten. Das Engagement seitens der Bevölkerung, die sich in Rom Räume selbst erschließt, sei in Wien nur in Spuren vorhanden, kritisierten Obrist und Pollak, die sich für die Zukunft mehr Partizipation und Mitbestimmung der Menschen wünschen. “Diese zwei Intelligenzen – in Wien und Rom – sollten zu einer Zusammenarbeit führen”, hofft Romito. Diese soll im Rahmen von Veranstaltungen, die im Hof des Pavillons geplant sind, erste Früchte tragen.

Babler: Leistbarkeit erhalten und mehr Mitgestaltung fördern

Von der APA auf die Möglichkeit angesprochen, vor Ort auf der Biennale sowie im Gespräch mit den Architekten Strategien für die Zukunft zu erörtern, zeigte sich Babler angetan. Er nehme “wahnsinnig viel mit” und habe sich die Zugänge der Ausstellung vom Kuratorenteam ausführlich erklären lassen. Er sei schon als Bürgermeister in Traiskirchen für moderne Konzepte gestanden, wo neben der Leistbarkeit auch die Versorgung mit kulturellen Angeboten im Wohnbau mitgedacht worden sei. Künftig müssten auch noch mehr “Shared Spaces” geschaffen werden, wo Menschen sich selbst beteiligen und mitplanen können.

In seiner Funktion als Minister stehe es nun an erster Stelle, die Leistbarkeit des Wohnens zu sichern, spielte er auf die bereits erfolgte Mietpreisbremse im regulierten Bereich an. Der nächste Schritt sei es nun, diese Maßnahmen auch im unregulierten Bereich umzusetzen. Darüber hinaus gehe es auch darum, “Wohnraum intelligent und ökologisch mit Widmungsfragen, mit Entsiegelungsfragen modern zusammenzudenken”, so Babler zur APA.

(S E R V I C E – 19. Architekturbiennale von Venedig, 10. Mai bis 23. November. Österreich-Pavillon “Agency for Better Living” von Sabine Pollak, Michael Obrist und Lorenzo Romito. https://labiennale2025.at)

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