Uraufführung am 25. März im Stadttheater Bozen

Peter Pan – The Dark Side: Oper über Versprechungen, Verführungen und zerbrochene Träume

Mittwoch, 22. März 2023 | 15:59 Uhr

Bozen – Spot an und Bühne frei heißt es am Samstag, den 25., und am Sonntag, den 26. März für die Premiere von „Peter Pan – The Dark Side“. Die Oper, die als zweites von drei Auftragswerken von der Stiftung Haydn an Komponisten aus der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino vergeben wurde, macht aus einem Kinderbuch-Klassiker des 20. Jahrhunderts eine Reise in entschieden dunklere Gefilde der Gegenwart: in ein dystopisches Universum, durchwoben von Elementen aus Popkultur, digitaler Kunst, Gaming und aktuellen Kultserien wie Euphoria und This is England.

Das internationale Kreativteam setzt sich zusammen aus dem österreichischen Komponisten Wolfgang Mitterer, dem britischen Regisseur und Librettisten David Pountney, der für ihr Avantgarde-Projekt Silent Opera gefeierten Opernregisseurin Daisy Evans und dem Dirigenten Timothy Redmond. Für Bühne und Kostüme zeichnet Loren Elstein und für das Lichtdesign Jake Wiltshire verantwortlich.

Das vom künstlerischen Leiter Matthias Lošek ausgewählte Team hat einen tief im kollektiven Gedächtnis verankerten Text in eine hochaktuelle Inszenierung verwandelt, indem es bisher kaum beachtete Aspekte wie Einsamkeit, Orientierungslosigkeit und die Zerbrechlichkeit der neuen „digitalen Generation“ in den Mittelpunkt stellt. „Wir haben uns mit Peter Pan für die Inszenierung eines bekannten literarischen Textes entschieden, der etwas zu sagen hat und dem die meisten Menschen in ihrem Leben schon begegnet sind“, sagt Lošek, „aber die Erwartungen des Publikums sollten gebrochen werden, vermeintlich bekannte Elemente sollten in einem neuen Licht gezeigt werden. Anders als in der Disney-Aneignung bietet Peter Pan – The Dark Side viele Anknüpfungspunkte an das Original von James M. Barrie.“

Im Mittelpunkt der im Jahr 1911 von James M. Barrie verfassten Geschichte steht der „ewige“ Junge Peter Pan. Eines Nachts macht Peter in London die Bekanntschaft eines Mädchens namens Wendy und bittet sie, ihn gemeinsam mit ihren Brüdern John und Michael mit nach Nimmerland zu den “lost boys”, den „verlorenen Jungen“, zu begleiten. Angesichts seiner sozialkritischen Themen steht Barries Werk der rohen Bildersprache eines Dickens deutlich näher als der weithin bekannten Version von Walt Disney. „Die Interpretation, die wir auf die Bühne bringen, lehnt sich stärker an das Original an, ist viel dunkler“, betont Matthias Lošek. „Sie verhandelt Fragen wie: Was bedeutet es, nach Nimmerland zu fliegen? Was bedeutet es, Kinder zu verführen und sie dorthin zu bringen? Was bedeutet es, nicht erwachsen werden zu wollen?”

Diesen Faden spinnt auch das Libretto von David Pountney weiter: „Geschichten können als unschuldige Fantasien gelesen werden, doch stehen sie stets auch, genauso wie Mythen, für machtvolle menschliche Wahrheiten”, erklärt der renommierte englische Regisseur. „Wir können sie daher interpretieren, indem wir ein heiteres oder ein deutlich dunkleres Register wählen oder uns gar für eine psychologische Deutung entscheiden. Wenn man es zum Beispiel mit einem Roman zu tun hat, in dem Kinder dazu überredet werden, aus dem Fenster zu springen, und ihnen suggeriert wird, dass sie fliegen können, überlegt man sich natürlich, was tatsächlich mit ihnen geschieht. Sind sie in sicheren Händen oder laufen sie Gefahr, ausgebeutet zu werden und Schaden zu nehmen? Das war mein Ausgangspunkt für Peter Pan.”

Die Regisseurin Daisy Evans, die sich dem Publikum bereits 2019 mit der Silent Opera Vixen in Trient vorgestellt hat, begleitet die Schritte der jungen Wendy, die in einer Pflegefamilie aufwächst und sich mit einer modernen Welt herumschlagen muss, die durch Instagram, Gaming und Fake News gefiltert wird. Als Wendy einen jungen Mann kennenlernt, der ihr scheinbar all das sagt, was sie gern hören möchte, ist es um sie geschehen. Sie und ihre Pflegegeschwister erliegen seinen Verführungskünsten und stürzen sich Hals über Kopf in eine verquere Realität, in der die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Einbildung vollkommen verschwimmen. Evans versteht es, den ursprünglichen Geist des Stoffes in unsere heutige Zeit zu übertragen, indem sie eine Geschichte über das Erwachsenwerden und den Verlust der Unschuld inszeniert: „Peter Pan“, unterstreicht sie, „erzählt, wie gefährlich die Sehnsucht vieler Erwachsener nach ihrer vergangenen Jugend ist. Zugleich geht es aber auch um den Wunsch der Jugendlichen, so schnell wie möglich erwachsen zu werden: Wir sehen Wendy, eine Jugendliche, gefangen im Strudel unzähliger Einflüsse aus den sozialen Medien. Die Oper behandelt Fragen wie die nach dem Druck, dem sich junge Menschen heutzutage ausgesetzt sehen, oder nach der gefährlichen Seite dieses digitalen Nimmerlands.“

Die Musik für Peter Pan stammt aus der Feder des elektroakustischen Pioniers Wolfgang Mitterer, dessen Klanggewebe in einer Mixtur aus Elektro, Orchester und Gesang, aus Jazz und Klassik der Erzählung bis in ihre feinsten Verästelungen folgt – von den dunkelsten bis zu den humorvollsten und heitersten Momenten. Im Widerhall von Gil Evans’ Porgy and Bess und Richard Strauss’ Salome bewegt sich jede Figur wie in einem maßgeschneiderten Kleid in einer eigenen Klangwelt.

Das stattliche musikalische Ensemble – bestehend aus dem Haydn Orchester, den acht Interpretinnen und Interpreten, welche den Figuren von Peter Pan ihre Stimme leihen, dem Chor der Piraten und dem Chor der „Lost boys“ – wird von Timothy Redmond, einem international renommierten Dirigenten für zeitgenössische Musik, geleitet.

Peter Pan – The Dark Side entstand im Auftrag der Stiftung Haydn mit Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung. Die Oper, die gemeinsam mit dem Tiroler Landestheater produziert wurde und 2024 dort auf die Bühne kommen wird, steht unter der Schirmherrschaft des Österreichischen Kulturforums Mailand und wird vom British Council unterstützt.

Von: mk

Bezirk: Bozen