Upcycling unter dem Schutz einer Göttin

Messner Mountain Museum „Roca“ entsteht in den Sextner Dolomiten

Dienstag, 07. November 2023 | 12:13 Uhr

Sexten – „MMM Roca“, das sechste und letzte Messner Mountain Museum zum Thema „Fels“ bzw. „Felsklettern“, wird im Sommer 2024 in der Dolomitenregion 3 Zinnen eröffnet. Damit erfüllt sich die Vision des außergewöhnlichen Bergbezwingers, in 30 Jahren sechs besondere Orte in Südtirol zu erschaffen, die nicht nur die Geschichte des Bergsteigens aus Reinhold Messners persönlicher Sicht erzählen, sondern auch die damit verbundenen Gefährdungs- und Glückserlebnisse lebendig werden lassen. Die bronzene Statue einer Schutzgöttin aus dem Himalaya bildet das Zentrum des Museums, das derzeit aus der Bergstation der alten Seilbahn in Sexten am Helm entsteht. Die Arbeiten haben im April 2023 begonnen. Die 3 Zinnen AG im obersten Pustertal realisiert das Projekt in Zusammenarbeit mit der Architektin Ulla Hell von Plasma Studio.

Umbau und neues Nutzungskonzept statt eines aufwändigen Abrisses, ein kulturelles Highlight zusätzlich zum Bergsporttourismus – das „MMM Roca“ gilt als „Upcycling“- Projekt im Sinne einer nachhaltigen Tourismus-Entwicklung in der Region. Neben dem Up- ist auch das Recycling ein Thema, denn abgebrochene Bauteile der alten Bergstation werden nach Möglichkeit wieder verwendet, Abtransport und Entsorgung damit weitestgehend vermieden. Die alte Seilbahnstation in 2050 Metern über Meereshöhe bleibt erhalten. Den zukünftigen Gästen auf ihrem Weg durch das Museum wird Einblick in technisch notwendige und besonders beeindruckende Bereiche des Baudenkmals gewährt.

„Auch mit neuer Nutzung der technischen Struktur als Ausstellungsraum soll der raue Charakter des Bestandsgebäudes erhalten bleiben“, erklärt Architektin Ulla Hell. „Andererseits ist es Absicht des Projekts, das Umfeld des Museums, welches mit vielen Funktionen des Seilbahnbetriebes aufgeladen ist, so ruhig als möglich zu gestalten. Das Bauwerk soll sich gut in die umgebende Topographie einfügen und das Hauptvolumen der alten Station wird visuell in den Vordergrund gestellt.“

Kleinere Dachaufbauten wurden entfernt und durch ein öffentlich begehbares, großzügiges Landschaftsdach ersetzt. Neu hinzugefügt wurden, neben strukturellen Verstärkungen, auch thermisch notwendige Bauteile, die die Änderung des Raumkonzepts erfordere. Durch die neue Panoramafassade zur umliegenden Bergwelt hin, darunter zur berühmten „Sextner Felssonnenuhr“ der Gipfel Neuner, Zehner, Elfer, Zwölfer und Einser, wird die atemberaubende Natur der Dolomiten Mitspielerin im neu entstehenden musealen Narrativ. „Die ganze Projektentwicklung steht im Spannungsfeld von ‚so wenig als möglich und so viel als nötig‘, ohne dabei auf eine selbstbewusste Architektursprache zu verzichten“, fasst Hell zusammen.

Reinhold Messner geht es bei diesem Museum wieder um Ängste, Nahtoderfahrungen und Exposition, die zum Große-Wände-Klettern dazugehören. Im Mittelpunkt steht „Goddess of Protection“, eine Bronzestatue aus dem Himalaja, die jene Absicherung symbolisiert, die beim extremen Fels- und Eisklettern im Mittelpunkt der Diskussion steht – seit bald 200 Jahren.

„Als Reinhold Messner im Sommer 2019 an uns herangetreten ist, waren wir von seiner Idee überrascht und fasziniert zugleich“, erzählt Franz Senfter, Präsident der 3 Zinnen AG. Der Bauherrin des „MMM Roca“ und Geldgeberin des Umbaus stecke das Bergsteigen in den Genen – schließlich werde in der gleichnamigen Region seit 150 Jahren Kletter-Geschichte geschrieben, nicht zuletzt von Messner selbst. Ein Upcycling der alten Seilbahnstation zum Museum habe sich angeboten, da sie mit der Einrichtung des neuen „Helmjet“ im Jahr 2020 durch die 3 Zinnen AG überflüssig geworden sei. „Man kann Messners Entscheidung für den Helm als Museumsstandort als puren Glücksfall bezeichnen“, so Senfter. „Die historische Struktur bleibt erhalten und das Gebäude mit neuen alpinen Inhalten gefüllt, die das Leben und die Geschichte unserer Täler bestens widerspiegeln.“

Was die Besucherzahlen in der Bergsportregion 3 Zinnen Dolomiten betrifft, erwartet Senfter vom „MMM Roca“ neue Impulse. Auch Tagestouristen würden von der guten Erreichbarkeit des zukünftigen Ausflugsziels profitieren: Sie könnten mit Zug und Bus anreisen und von den Orten Sexten und Vierschach mittels Bergbahn bequem zum Museum gelangen.

„In unserer Strategie gilt das MMM Roca als Rohdiamant mit besonderer Strahlkraft“, ist Unternehmer Senfter überzeugt. „Wir erweitern damit nicht nur unsere Angebotspalette am Berg – vielmehr soll es zum Qualitätsmerkmal für hochwertige Dienstleistungen dieser Ferienregion avancieren, mit dem herausragende Alpinkompetenz unter Beweis gestellt werden soll.“

Bergfans könnten zu Recht einwenden, das „MMM Roca“ sei nicht erst das sechste, sondern bereits das siebte Messner-Museum in Südtirol. Die Rechnung stimmt dennoch: Das speziell Messners bergsteigerischem „Sprungbrett“, den Dolomiten, gewidmete „MMM Dolomites“ auf dem Monte Rite, wird aus der MMM-Gruppe ausgelagert und bildet mit dem 2023 eröffneten „Sherpa Himal“ in Nepal einen zweiten Zusammenschluss von Museen, die Messner Mountain Heritage (MMH).

Von: mk

Bezirk: Pustertal