Von: APA/Reuters/dpa
Der legendäre jamaikanische Sänger Jimmy Cliff, der zusammen mit Bob Marley über sechs Jahrzehnte hinweg Reggae, Ska und Rocksteady populär machte, ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Dies gab seine Frau Latifa Chambers am Montag auf Facebook bekannt.
Als Jimmy Cliff mit “Hurricane Hattie” erstmals die Spitze der jamaikanischen Charts erreichte, gab es den Begriff Reggae noch gar nicht. Es war 1962 – das Jahr, in dem Jamaika von Großbritannien unabhängig und Cliff 18 Jahre alt wurde. Vier Jahre zuvor war der gebürtige James Chambers in die Hauptstadt Kingston gezogen und hatte sich den Künstlernamen Cliff gegeben, inspiriert von den Klippen seiner Heimat im Nordwesten der Insel.
Der Name “Hurricane Hattie” stammt von einem schweren Hurrikan im Oktober 1961. So hatte der Start von Cliffs Karriere mit dem Beginn seines Lebens etwas gemein: Er wurde nach Angaben auf seiner Website während eines Hurrikans geboren – in einem Haus, das der Sturm dann wegfegte. “Hurricane Hattie” war ein Ska-Song – aus der Musikrichtung entwickelte sich der Reggae. Zu dessen weltweitem Boom in den 70er-Jahren trug Cliff nicht nur mit seiner Musik bei. Der damals als Schweißer arbeitende Bob Marley sei eines Tages bei ihm im Proberaum aufgetaucht, sagte Cliff in der australischen Radiosendung “A Breath of Fresh Air”. Er habe in dem späteren Weltstar einen Poeten erkannt, ihn ins Tonstudio gebracht und seine ersten drei Lieder aufgenommen.
Einige Jahre später gab Cliff indirekt noch einmal Marley einen Schub. Als dieser und seine Band, die Wailers, 1972 ohne Geld in London feststeckten, gingen sie zu Chris Blackwell, dem Chef der Plattenfirma Island Records. “Ihr Timing war gut. Jimmy Cliff hatte mich gerade eine Woche zuvor verlassen”, schrieb Blackwell in seinen Memoiren. Er verpflichtete das Trio, dessen internationaler Durchbruch folgte kurz darauf.
Cliff hatte zwar inzwischen international erfolgreiche Songs gehabt, unter anderem “Vietnam” – das nach Aussage von Bob Dylan beste Protestlied aller Zeiten. Viel Geld hatte er aber nicht verdient, weshalb er Island Records verließ. Cliff fühlte sich zudem unwohl in London, wohin er für die Karriere gezogen war. Seine Vermieterin habe ihn mit den Worten “Wissen Sie nicht, dass Schwarze hier nicht geduldet werden?” hinausschmeißen wollen. Kurz darauf habe sie ihn aber in der TV-Sendung “Top of the Pops” gesehen und ihre Meinung geändert, erzählte Cliff im kanadischen Rundfunk CBC.
Um seine Zeit in London, aber auch um die Atlantik-Überquerung seiner Vorfahren – in die umgekehrte Richtung als Sklaven – geht es in Cliffs Lied “Many Rivers to Cross”. Es ist unter anderem von Cher, Joe Cocker und Harry Nilsson mit John Lennon gecovert worden. Cliffs ursprüngliche Version war Teil der Filmmusik von “The Harder They Come”. Der Gangster-Streifen von 1972 gilt als erster jamaikanischer Spielfilm. Seine realistische Darstellung schwarzer Jamaikaner war bahnbrechend, außerdem trug er viel zur Verbreitung des Reggae im Ausland bei – vor allem durch die Musik von Cliff, der unter anderem den Titelsong und “You Can Get It If You Really Want” beisteuerte.
Cliff bekam zudem die Hauptrolle, obwohl er zuvor nur in der Schule geschauspielert hatte. Er verkörpert einen jungen Mann vom Land, der nach Kingston zieht, um Sänger zu werden, aber in die Kriminalität abrutscht. Die Rolle hat deutliche autobiografische Züge. In Wirklichkeit ist die Geschichte jedoch besser ausgegangen für Cliff, der zwei Grammys gewann und 2010 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde.




Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen