Von: Ivd
Innsbruck – Ein internationales Team um den Innsbrucker Quantenphysiker Peter Zoller hat gemeinsam mit dem US-Unternehmen QuEra Computing eine Eichfeldtheorie ähnlich Modellen aus der Teilchenphysik erstmals in einem zweidimensionalen analogen Quantensimulator direkt beobachtet. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung grundlegender physikalischer Phänomene.
„String Breaking“ tritt auf, wenn der „String“ zwischen zwei stark gebundenen Teilchen, wie etwa einem Quark-Antiquark-Paar, „reißt“ und neue Teilchen entstehen. Dieses Konzept ist zentral für das Verständnis der starken Wechselwirkungen, wie sie in der Quantenchromodynamik (QCD) auftreten, der Theorie, die die Bindung von Quarks in Protonen und Neutronen beschreibt.
Experimentell ist „String Breaking“ äußerst schwierig zu beobachten, da es in der Natur nur unter extremen Bedingungen auftritt. Die neue Arbeit von Wissenschaftlern der Universitäten Innsbruck und Harvard, des ÖAW-Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) und des Quantencomputerunternehmens QuEra zeigt nun erstmals, wie dieses Phänomen in einem analogen Quantensimulator nachgebildet werden kann.
Elementarteilchenphysik mit Atomen nachgebaut
Auf Basis eines Vorschlags des Theorie-Teams um Peter Zoller ordneten die Forscher mit Hilfe der programmierbaren Aquila-Neutralatom-Plattform von QuEra bis zu mehrere Dutzend Rubidium-Atome in optischen Fallen mit Kagome-Geometrie – ähnlich einem traditionellen japanischen Flechtmuster – an. „Wir haben uns theoretisch überlegt, was das minimale Setup wäre, in dem dieses Phänomen beobachtet werden könnte. Und dabei haben wir uns die Fortschritte in der experimentellen Kontrolle von Neutralatom-Simulatoren zu Nutze gemacht“, sagt Torsten Zache aus dem Team von Peter Zoller.
So ließ sich auf dem Quantensimulator die Theorie der starken Wechselwirkung nachahmen. „Die van der Waals Wechselwirkungen zwischen den Rydbergatomen, die hier verwendet werden, führen dazu, dass zwei Atome nicht gleichzeitig angeregt werden können, wenn sie sich sehr nahekommen. Sie blockieren sich gegenseitig“, erklärt Torsten Zache aus dem Team von Peter Zoller. „Dieser Effekt spiegelt die Einschränkung wider, denen sich Elementarteilchen wie Gluonen oder Quarks durch die starke Wechselwirkung ausgesetzt sehen.“
Hochenergiephysik im Quantensimulator
In dem Experiment konnten die Physiker in Echtzeit die Dynamiken verfolgen, die zum „String Breaking“ führen. „Die Beobachtung des ‚String Breaking‘ in einer kontrollierten 2D-Umgebung ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Nutzung von Quantensimulatoren für die Erforschung der Hochenergiephysik“, sagt Daniel González-Cuadra, der Erstautor der Studie.
Schon 2016 hat ein Team um Rainer Blatt und Peter Zoller erstmals die eindimensionale Simulation einer Eichfeldtheorie demonstriert. „Eichtheorien bestimmen einen Großteil der modernen Physik. Die Demonstration dieser Theorien in zwei Dimensionen – wo Strings sich biegen und fluktuieren können – schafft die Voraussetzungen für die Erforschung noch reichhaltigerer Phänomene, einschließlich nicht-abelscher Eichfelder und topologischer Materie“, freut sich Peter Zoller, einer der Gründerväter der modernen Quantensimulation. „Unsere Zusammenarbeit unterstreicht den Wert offener, programmierbarer Neutralatom-Hardware für die Grundlagenforschung“, ergänzt Alexei Bylinskii von QuEra Computing.
Die Studie wurde heute gemeinsam mit einer ähnlichen Arbeit zu einer digitalen Quantensimulation einer Eichtheorie in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und unter anderem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Europäischen Union sowie der Industriellenvereinigung Tirol finanziell gefördert.
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