VZS klärt auf

Sind Aquakulturen eine nachhaltige Alternative zur Fischerei?

Dienstag, 19. August 2025 | 07:23 Uhr

Von: mk

Bozen – Weltweit steigt die Nachfrage nach Fisch, doch die Fischbestände schrumpfen aufgrund von Überfischung und umweltschädlichen Fangmethoden. Immer mehr Fische und Meerestiere (Tintenfische, Garnelen, Krabben, Hummer, Muscheln) werden daher in Aquakulturen gezüchtet, in künstlich angelegten Becken an Land oder in Gehegen in Flüssen und Meeren.

Am gängigsten sind Käfigkulturen: Fische wie Lachse, Forellen oder Pangasius werden in Netzkäfigen oder Netzgehegen, die am Boden verankert sind, in Seen, Küstennähe, Fjorden oder im Brackwasser gehalten. Offshore-Farmen dagegen sind große Käfige oder schwimmende Plattformen im offenen Meer fern der Küste. Aquakulturen an Land verwenden künstlich angelegte Teiche (u.a. für die Zucht von Karpfen, Buntbarschen oder Forellen), Wasserrinnen, Wassertanks oder geschlossene Kreislaufanlagen. Bei letzteren fließt das verwendete Wasser dank Pumpen und Filtertechnik im Kreis. Eine spezielle Form der Kreislaufanlagen sind Aquaponik-Systeme, welche die Fischzucht mit der Pflanzenproduktion kombinieren.

2022 hat die Aquakultur mit über 94 Millionen Tonnen weltweit erstmals mehr Fische und Meerestiere erzeugt, als mittels Fischerei gefangen wurden (91 Millionen Tonnen). Der überwiegende Teil der globalen Aquakulturproduktion (über 91 Prozent, einschließlich der Algenzucht) stammt aus Asien. Die bedeutendsten Produzenten sind China, Indien, Indonesien, Vietnam und Peru.

„Tier- und Verbraucherschutzorganisationen weisen regelmäßig auf die ökologischen Auswirkungen der intensiven Aquakulturen, insbesondere jener für Raubfische, hin“, meint Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Diese Aquakulturen erzeugen ähnliche Probleme wie die Intensivtierhaltung an Land.“ Fische und Meerestiere werden in großer Zahl auf engem Raum gehalten. Sie sind dadurch anfälliger für Krankheiten und Parasiten (z.B. Lachsvirus, Fischläuse), was wiederum den Einsatz von Chemikalien und Medikamenten, insbesondere Antibiotika, erhöht. Die Gewässerböden unterhalb der Käfige und Gehege sowie die umliegenden Gewässer und Ökosysteme sind durch Futterreste, Exkremente, Chemikalien und Plastikabfälle verschmutzt. Zucht-Raubfische in Aquakulturen erhalten wild gefangenen Fisch als Nahrung, teilweise aus der Fang-Fischerei (u.a. Sardellen), teilweise aus Beifang. Sie sind damit Nahrungskonkurrenten für wild lebende Raubfische, fördern indirekt die Überfischung und „legitimieren“ die Praxis des Beifangs. In asiatischen Ländern gehen Mangrovenwälder als wertvolle Lebensräume verloren, da sie neuen Becken für die Garnelenzucht weichen müssen. Nicht zuletzt sind von den Produktionsländern bis zu den Orten des Konsums lange Transportwege von mehreren Tausend Kilometern zurückzulegen. Intensive Aquakulturen erzeugen somit eine Reihe zusätzlicher Probleme und sind mitnichten eine nachhaltige Alternative zur Fischerei.

Ratgeber für den nachhaltigen Fischkonsum sind im Internet verfügbar, u.a. vom WWF (https://fischratgeber.wwf.de/).

Bezirk: Bozen

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