Wie könnten in Covid-19-Zeiten Ferien in den Bergen aussehen?

Bergurlaub: Sommersaison mit vielen Fragen behaftet – VIDEO

Donnerstag, 23. April 2020 | 07:29 Uhr

Rom/Bozen – Gleich wie ihre Kollegen in Italiens Badeorten hoffen auch die Touristiker der Berggebiete wenigstens einen Teil der heurigen Sommersaison zu retten. Im Gegensatz zu den Urlaubsorten am Meer können die Tourismusorte in den Bergen aber auf den Vorteil zählen, dass das schwierig zu lösende Gebot der sozialen Distanzierung in den Weiten der Berge weitgehend wegfällt. Das ändert aber nichts daran, dass auch in den Bergen die Covid-19-Sommersaison für viele Verlierer sorgen wird. Zu diesen gehören vor allem die Schutzhütten, deren Öffnung in diesem Sommer ungewiss ist.

Pubblicato da Carezza Dolomites su Mercoledì 4 settembre 2019

Genauso wie Italiens Badeorte schöpfen mit den sinkenden Zahlen der Neuinfektionen und Toten auch die vom Tourismus lebenden Berggebiete neue Hoffnung. Gleich wie in den Urlaubsorten am Meer ist das Ziel, wenigstens mit Ende Juni mit der Sommersaison in den Bergen beginnen zu können. Ohne den Verordnungen, die derzeit von einer von der römischen Regierung eingesetzten Task Force um Vittorio Colao erarbeitet werden, vorgreifen zu wollen, denken Touristiker sowie Experten darüber nach, wie die heurige Covid-19-Sommersaison in den Bergen aussehen könnte.

Hilfreich ist dabei, dass sich die Touristiker der Berggebiete gegenüber ihren Kollegen in Italiens Badeorten nicht mit dem „Strandproblem“ herumschlagen müssen. Sieht man einmal von besonders beliebten Zielen ab, verlieren sich die Alpintouristen in den Weiten der Berge, was in der Regel für sich allein bereits dafür sorgt, dass das Gebot der sozialen Distanzierung gewahrt bleibt. Im selben Sinne könnte dabei bei entsprechender Entfernung von anderen Personen auch auf den Gebrauch der den Urlaubern und Bergsportlern schwer vermittelbaren Gesichtsmasken verzichtet werden.

Il Pomagagnon con i prati di Guargné e le pecore. Cos’altro?

Pubblicato da Hôtel de la Poste**** su Sabato 28 settembre 2019

Für touristische Hotspots wie bekannte Klettersteige, beliebte Bergziele oder bei Instagrammern begehrte Fotoshootingstandorte – in Südtirol könnte man als Beispiele unter anderem den Pragser Wildsee oder die Kirche Sankt Johann in Ranui anführen – werden hingegen Maßnahmen wie verpflichtende Vormerkung und ein streng kontingentierter Zutritt vorgeschlagen.

Die Hoteliers und Beherbergungsbetriebe stehen allerdings vor den gleichen Problemen, wie Hotels und Feriendörfer am Meer. Um die soziale Distanzierung zu gewährleisten, könnten die Betreiber im Restaurantbereich gezwungen sein, mit weniger Tischen auszukommen. Einige Experten meinen, als Alternative dazu über getrennte Essenszeiten für ältere und jüngere Gäste nachzudenken, was überdies den Vorteil hätte, dass alle Gemeinschaftsbereiche entlastet würden. Angesichts der massiven Umsatzeinbußen, die von der abgebrochenen Wintersaison und von fehlenden Einnahmen im Frühjahr herrühren, wünschen sich trotz aller Auflagen und Hürden die Hoteliers nichts mehr, als endlich wieder sicher planen und öffnen zu können.

Der HGV fordert ein Hilfspaket für die touristischen Betriebe. Präsident Pinzger heute in der Tageszeitung Dolomiten – Tagblatt der Südtiroler.

Pubblicato da HGV Hoteliers- und Gastwirteverband su Giovedì 26 marzo 2020

Dieses Problem fällt bei den Vermietern von Ferienwohnungen weg. Da es praktisch keine Gemeinschaftsbereiche gibt und jede Urlauberfamilie in ihrer Wohnung ihr Eigenleben führt, ändert sich gegenüber der von den Touristen bereits von ihren Heimatorten her gewohnten sozialen Distanzierung nichts. Ähnlich wie in Italiens Küstenorten dürften die Ferienwohnungsvermieter daher zu den wenigen Touristikern gehören, die heuer mit einem blauen Auge davonkommen könnten, was insbesondere in Südtirol bedeutet, dass bäuerliche Betriebe, die im Nebenerwerb Wohnungen vermieten, weitgehend ihr Einkommen sichern würden.

Zu den Verlierern dürften hingegen die Betreiber der Schutzhütten zählen. Angesichts der engen Verhältnisse, der Matratzenlager, der kaum getrennten Schlafstätten, der meist vorhandenen langen Gemeinschaftstische und der auf vielen Schutzhütten von allen gemeinsam benutzten Sanitär- und Waschbereiche ist es in den meisten Fällen in der Praxis kaum möglich, die gebotene soziale Distanzierung einzuhalten. Der italienische Alpinverein Cai befürchtet, dass in diesem Sommer vor allem hoch gelegene, aber auch viele andere Schutzhütten geschlossen bleiben werden. Der italienische Alpenverein hofft aber mit geeigneten Mitteln dennoch, wenigstens einen Teil der Bergsaison seiner Schutzhütten retten zu können. Ähnliche Gedanken beschäftigen den Alpenverein Südtirol, der die aktuelle Situation der Schutzhütten als ungewiss einschätzt.

🏔🏠Die aktuelle Situation der Schutzhütten ist ungewiss. Niemand weiß, wann und wie es weitergeht… Die unfreiwillig…

Pubblicato da AVS – Alpenverein Südtirol su Giovedì 2 aprile 2020

So und anders rechnen Experten damit, dass in den Bergen in diesem Sommer wieder vermehrt aus den Rucksäcken gegessen wird. Gerade die von Urlaubern wenig geliebten Corona-Sicherheitsbestimmungen – so die Experten – werden vermutlich dafür sorgen, dass die Touristen einem Picknick auf der grünen Wiese dem das Urlaubsgefühl trübenden „Abstandsstress“ in Restaurantbetrieben den Vorzug geben werden. In diesem Sinne raten die Experten die Hoteliers dazu, sich auf diese neuen Wünsche ihrer Gäste einzustellen und über „Rucksackpakete“ und ähnliche Dienstleistungen nachzudenken.

Über all diesen Gedanken und Prognosen schwebt aber noch viel Unsicherheit, die insbesondere Haftungsfragen und noch nicht feststehende Verordnungen und Anweisungen betreffen. Alle Tourismustreibenden fragen sich aber vor allem, ob im Covid-19-Sommer bei den Italienern und ausländischen Gästen – sofern Letztere ihr Land verlassen dürfen – überhaupt Lust auf einen Urlaub in den Bergen aufkommen wird.

Von: ka

Bezirk: Bozen