Von: mk
Sterzing – Flüssiges Erdgas (LNG) gilt für den Fernlastverkehr als einzige schnell verfügbare Alternative zu herkömmlichen Treibstoffen. Wirklich Sinn macht das, wenn es sich um Bio-LNG handelt. In Sterzing bei biwi wird Bio-LNG produziert und kann jetzt von den Konsortiumsmitgliedern getankt werden – vor der Biogasanlage mit den vier gelben Kuppen an der hauseigenen Tankstelle.
Vom Lkw bis zur Rakete
Bei vollständiger Verbrennung ist Biomethan ein klimaneutraler Kraftstoff. Seine Energiedichte ist erstaunliche 1000-mal höher als jene einfachen Bio-Gases. Nur wenige Biogasanalgenbetreiber haben wie biwi den Ehrgeiz und schaffen es, Bio-LNG herzustellen. Die Grundlage für die Biogaserzeugung bei biwi ist gesammelter Mist und Gülle der Wipptaler Milchkühe. Daraus wird erst ganz klassisch Biogas gewonnen. Daraus wird hochgradig reines Methan extrahiert, das dann auf minus 150 Grad gekühlt und verflüssigt wird. Der Reinheitsgrad des Methans ist so hoch, dass sich die Europäische Raumfahrtbehörde dafür interessiert, um Raketenantriebe der Ariane Next nachhaltig zu machen. Das biwi-Bio-LNG kann also große Transport-Lkw vor Ort betanken und vielleicht sogar eines Tages Raketen ins All schicken.
Die Tankstelle ist nur ein Puzzleteil
„Die eigentliche Besonderheit der biwi-Anlage ist die restlose Verwertung des Ausgangsstoffes“, betont biwi-Geschäftsführer Manfred Gius immer wieder gerne. „So wie wir macht das wohl kaum ein anderer Mist und Gülle-Verwerter.“ Bei der Bio-LNG Produktion fallen also Stoffe an, mit denen sich offensichtlich einiges machen lässt. Aus dem Biogas wird das Methan herausgefiltert, übrig bleibt CO2. Dieses wird bei biwi gereinigt und kann der Lebensmittelindustrie zugeführt werden, die schon länger unter einem CO2-Mangel leidet. Aus den Gärresten macht biwi hochwertige Dünger in verschiedenen Festigkeitsgraden. In der Form von Pellets und abgepackt kann dieser sogar in Südtirol in Gartenmärkten und mehreren Supermärkten gekauft werden.
Ein Leuchtturm aus vier gelben Kuppeln
Die vier markanten gelben biwi-Kuppeln sind in Sterzing weithin sichtbar. Sie werden somit zu den Symbolen dieses Leuchtturm-Betriebes und zum Statement für eine Landwirtschaft, die sich als Kreislaufwirtschaft versteht. Die teilnehmenden Bauern bekommen nämlich genau den Dünger zurück, den sie benötigen – geruchlos und ohne die Gefahr der Überdüngung. So macht eine Anlage wie biwi Nitratbelastung im Grundwasser zu einem Problem der Vergangenheit. Sie macht den Lkw-Verkehr potenziell klimaneutral und erzeugt erfreuliche Nebenprodukte. Zu denen zählt auch das Wasser, das aus der Gülle extrahiert wird, das so sauber ist, dass es wieder in den nahe gelegenen Bach eingespeist werden kann. Alles in allem ist es wohl nicht übertrieben, von einem Vorzeigeprojekt zu sprechen. Kein Wunder, dass Manfred Gius immer wieder neugierige Besucher aus verschiedensten Ländern durch die Anlage führen muss, die auch gerne ein paar Kühe in den Tank packen wollen.