Von: luk
Bozen – Hierzulande noch ungewohnt, wurde in Deutschland bereits 2018 mit dem Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie der Grundstein für die flexiblere Handhabung der Lebensarbeitszeit gelegt. Was Südtirols Arbeitnehmer von einer flexiblen Wochenarbeitszeit halten, hat das Arbeitsförderungsinstitut in der jüngsten Ausgabe des AFI-Barometers ermittelt.
Mehr Stunden arbeiten, als kollektivvertraglich vorgesehen wäre, wenn zum Beispiel der Kauf der eigenen Wohnung ansteht; oder weniger Stunden arbeiten, wenn es in einer besonderen Lebensphase erforderlich sein sollte; oder anstelle der Lohnerhöhung mehr freie Tage eintauschen – was hierzulande noch wie Zukunftsmusik klingt, ist in Deutschland bereits Realität – zumindest in der Metall- und Elektroindustrie. Mit dem Tarifvertrag von 2018 wurde in diesem Industriezweig eine neue Flexibilität bei der Wochenarbeitszeit eingeführt (siehe Infobox). „Ob eine solche Flexibilität auch in Unternehmen umsetzbar wäre, für welches sie arbeiten, wollten wir in der Winterausgabe des AFI-Barometers von Südtirols Arbeitnehmern in Erfahrung bringen, wissend, dass der rechtliche Rahmen vielfach hierfür erst geschaffen werden müsste“, steckt AFI-Direktor Stefan Perini das Ziel der Befragung ab. Das Ergebnis sein „kontrovers“, heißt es aus dem AFI. Auch AFI-Präsident Dieter Mayr steht mehreren Elemente skeptisch gegenüber.
Mehrarbeit durch Privatvereinbarung
Mit einer Privatvereinbarung können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Metall- und Elektroindustrie in Deutschland auf ein höheres Wochenarbeitspensum einigen als das im Kollektivvertrag vereinbarte (z.B. 40 Stunden anstatt der vorgesehenen 35 Stunden zum Normalstunden-Tarif). Eine Idee, welche eine knappe Mehrheit der vom AFI befragten Südtiroler Arbeitnehmer im Unternehmen, im welchen sie arbeiten, für realisierbar halten: für 24 Prozent ist sie „sicher umsetzbar“, für 33 Prozent „eher“, für 28 Prozent „eher nicht“, für 15 Prozent „gar nicht“.
Zwischenzeitlich auf Teilzeit
Gesetzt der Fall, Arbeitnehmer in Vollzeit hätten künftig das Recht, ihre Arbeitszeit bis zu 2 Jahre auf 28 Arbeitsstunden in der Woche abzusenken und später wieder in Vollzeit zurückzukehren. Der Lohn würde natürlich in Proportion angepasst. Für 17% ein sicherlich umsetzbares Modell, für 38 Prozent „eher umsetzbar“, für 28 Prozent „eher nicht“, für 17 Prozent „gar nicht“.
Freie Tage statt Geld
Die Idee, dass Arbeitnehmer mit besonderen Bedürfnissen die Wahl haben, anstelle der Lohnerhöhung für mehr freie Tage zu optieren, halten 16% der Befragten beim eigenen Arbeitgeber als „umsetzbar“, 37 Prozent als „eher umsetzbar“, 30 Prozent als „eher nicht umsetzbar“, 17 Prozent als „gar nicht umsetzbar“.
Stellungnahme von AFI-Präsidenten Dieter Mayr
„Flexible Arbeitszeitmodelle, die den Mitarbeitenden, aber auch den Unternehmen gerecht werden, müssen durch Landeszusatzverträge oder Betriebsabkommen in eine kollektivvertragliche Form gegossen werden. Da im Unterschied zu Deutschland Privatvereinbarungen in Italien quasi unmöglich sind, liegt die Herausforderung für Gewerkschaften und Arbeitgeberseite darin, konstruktive Lösungen zu erarbeiten.“