Zustellzeiten haben sich in fünf Jahren mehr als verdoppelt

VZS: Post ist langsamer geworden – Tarife aber gestiegen

Mittwoch, 29. Mai 2019 | 12:16 Uhr

Bozen – In diesen Wochen hat die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eine Stichprobenerhebung der Postzustellzeiten durchgeführt. Dazu wurden an Südtirols Gemeinden sowie die Bürgerzentren in Bozen jeweils ein Erhebungsbrief geschickt, mit der Bitte, diesen im Ein- und Ausgang zu datieren und zurückzuschicken. Erhoben wurden die Zeiten, die ein Brief von Bozen und nach Bozen brauchte. Die letzte Erhebung dieser Art wurde 2014 durchgeführt. “Die mittlere Zustellzeit betrug damals 2,7 Tage, in leichter Zunahme im Vergleich zur Erhebung vorher, jedoch nichts im Vergleich zu den aktuellen Zahlen”, erklärt die Verbraucherzentrale.

Die Zustände bei der Post sind alles andere als rosig – davon zeugen unzählige Medienberichte der letzten Wochen. Doch wie gravierend die Lage tatsächlich ist – und mit welchen Manövern sich die Post um die Qualitätsfaktoren herumdrückt – zeigt die Stichproben-Erhebung der VZS.

 

“Die Zustellzeit ist im Fünf-Jahreszeitraum von 2,7 Tagen auf mehr als sechs Tage gestiegen, hat sich also mehr als verdoppelt; wenn man berücksichtigt, dass wir hier von reinen Arbeitstagen ausgehen, ist ein Brief von Südtirol nach Südtirol also mehr als eine Woche unterwegs”, so die VZS.

Besonders lange brauchen dabei die Briefe, die von den Bezirken Richtung Bozen verschickt werden. “Durch lange Zeiten fielen insbesondere Vinschgau und Burggrafenamt auf, mit Spitzen von 18 Arbeitstagen, die ein Brief nach Bozen brauchte. Doch auch in den anderen Bezirken sieht die Situation nicht wirklich besser aus: Der Schnitt für Pustertal, Salten-Schlern und Überetsch-Unterland liegt zwischen neun und zehn Tagen”, rechnet die VZS vor.

Welches sind die Zustellzeiten laut Qualitätszielen?

1. Qualitätsziel Posta 4: Zustellung innerhalb Aufgabetag plus vier Arbeitstage für 90 Prozent der Sendungen

2. Qualitätsziel Posta 4: Zustellung innerhalb Aufgabetag plus sechs Arbeitstage für 98 Prozent der Sendungen

“In unserer Stichprobe haben lediglich 131 von 244 Sendungen das erste Qualitätsziel erreicht. Das sind 54 Prozent, ein Wert weitab von den 90 Prozent welche die Post festgelegt hat. Was das zweite Qualitätsziel betrifft (welches ohnehin schon eher ein ‘Alibi’ als ein echter Qualitätsfaktor ist), lagen die Werte der Stichprobe noch weiter entfernt: statt der vorgesehenen 98 Prozent erreichten gerade mal 61 Prozent die Marke”, so die Verbraucherzentrale.

“Zum Schaden der Spott: die absolute Verschlechterung bei den Lieferzeiten ging einher mit einer deutlichen Steigerung der Tarife. Zahlte man 2014 für einen Normalbrief noch 70 Cent, muss man 2019 hierfür stolze 1,10 Euro hinblättern. Gegenüber einer Preissteigerung von 57 Prozent haben sich die Zustellzeiten um 126 Prozent verschlechtert, und die Erreichung der Qualitätsziele hat um 41 Prozent abgenommen”, erläutern die Verbraucherschützer.

“Klar scheint, dass sich die Post mehr als nur ein bisschen ins Zeug legen muss, um die Zustellzeiten wieder auf Vordermann zu bringen: Dass Briefe innerhalb einer Provinz mehr als einen Monat unterwegs sind ist schlicht inakzeptabel und weit weg von sämtlichen europäischen Standards.” Dabei habe die Zusammenlegung der Postsortierstellen den Dienst weiter verschlechtert. “Ein Brief, der von Meran nach Bozen geschickt wird, wird in Verona aussortiert und dann wieder nach Bozen geschickt. Effizienz geht anders.”

„Das neue Zustellverfahren der Post sorgt bei den Bürgern und auch bei den Angestellten der Post für große Unzufriedenheit“, erklärt VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. „Die Landesregierung sollte der Post für diesen Dienst, der soweit von europäischen Standards entfernt ist, keinen einzigen Euro geben. Dies wäre eine schlechte Verwendung der Steuergelder; eine Kostenbeteiligung durch das Land Südtirol wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die erreichten Qualitätsstandards über den auf nationaler Ebene festgelegten lägen.“

Von: luk

Bezirk: Bozen