Leichter Aufschwung für 2026 erwartet

Wirtschaftsweise senken Konjunkturprognose für Deutschland

Mittwoch, 21. Mai 2025 | 10:25 Uhr

Von: APA/Reuters

Die Wirtschaftsweisen haben die Hoffnung auf einen raschen Aufschwung nach zwei Jahren Rezession in Deutschland abgeschrieben. Sie kassierten in ihrem am Mittwoch vorgelegten Frühjahrsgutachten die frühere Prognose von einem leichten Wachstum und erwarten nunmehr 2025 eine Stagnation: “Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiter in einer ausgeprägten Schwächephase”, konstatieren die Fachleute um die Münchner Top-Ökonomin Monika Schnitzer.

Im November hatte der Sachverständigenrat noch ein Plus beim deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,4 Prozent veranschlagt. Neben dem Zollkonflikt bremse auch die überbordende Bürokratie.

Leichter Aufschwung für 2026 erwartet

Erst nächstes Jahr winkt nach Ansicht der Regierungsberater Besserung: Für 2026 rechnen sie mit einem BIP-Zuwachs von 1,0 Prozent. Das deutsche Finanzpaket biete Chancen für eine Modernisierung der Infrastruktur und eine Rückkehr auf einen höheren Wachstumspfad. Dafür seien jedoch Reformen nötig. Der deutsche Sachverständigenrat sieht die kurzfristigen Konjunkturaussichten ähnlich düster wie die EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde geht ebenfalls davon aus, dass die deutsche Wirtschaft vor dem Hintergrund des von den USA ausgelösten Handelsstreits nicht auf die Beine kommt und sich erst 2026 berappelt.

“Die deutsche Wirtschaft wird in nächster Zeit maßgeblich von zwei Faktoren beeinflusst: der US-amerikanischen Zollpolitik und dem Finanzpaket”, erläuterte Schnitzer. Die US-Zollpolitik belaste die ohnehin schwache deutsche Exportwirtschaft zusätzlich. Die Ausfuhren dürften mit den “sprunghaft und unberechenbar” steigenden Zöllen noch weiter zurückgehen, sagte die Chefin des Sachverständigenrats.

Ab 2026 würden die durch das deutsche Finanzpaket bereitgestellten Mittel positive Impulse für Bau- und Ausrüstungsinvestitionen sowie den Staatskonsum setzen. Der private Konsum dürfte demnach im Vergleich zu 2025 etwas stärker wachsen, da die verfügbaren Einkommen preisbereinigt stärker zunehmen.

Zwist im Rat über Bürokratieabbau

Die Ökonomen mahnen die deutsche Regierung in ihrem Gutachten, den Bürokratieabbau beherzt anzugehen: Um Fortschritte zu erzielen, sollten Informations- und Genehmigungspflichten vereinfacht und digitalisiert werden. Die Verwaltung müsse modernisiert werden, schrieben die Wirtschaftsberater der neuen schwarz-roten deutschen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz ins Stammbuch. Was bisher getan wurde, ziele in die richtige Richtung, sei aber oft zu punktuell: “Nur mit wirksamen Reformen können wir einen spürbaren Effekt auf das Wirtschaftswachstum erreichen”, erläutert der Wirtschaftsweise Martin Werding.

Seine Kollegin Veronika Grimm teilt zwar die Einschätzung der Ratsmehrheit, dass der Bürokratieaufwand deutlich reduziert werden sollte, hält aber den Ansatz der Ratsmehrheit für nicht zielführend: Echte Entlastung dürfte es ihrer Ansicht nach nur mit einem Abbau von Regulierung geben. Zudem könnten nur durch den Abbau von Regulierung Hemmnisse für Wachstum und Innovation wirksam beseitigt werden.

Kritik an Subventionspolitik

In den kommenden Jahren wird sich aus Sicht der Weisen der Strukturwandel in Deutschland beschleunigen. “Treiber dieser Entwicklung sind Veränderungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die durch die jüngsten Handelskonflikte noch weiter forciert werden”, so die Experten.

Zu diesen Feldern gehörten die Dekarbonisierung, die Digitalisierung und die schnelle Entwicklung der Künstlichen Intelligenz sowie der demografische Wandel. “Eine Wirtschaftspolitik, die darauf setzt, den Strukturwandel mit Subventionen aufzuhalten, kann auf Dauer nicht erfolgreich sein”, mahnte Schnitzer. Ziel müsse es vielmehr sein, die Anpassung an die neuen Gegebenheiten zu erleichtern und aktiv neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

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