Von: luk
Bozen – Die Diözese Bozen-Brixen hat in den vergangenen Tagen zahlreiche Rückmeldungen zur Versetzung von Don Giorgio Carli erhalten. Viele Menschen haben kritisch auf die Entscheidung reagiert, da sie diese im Widerspruch zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs sehen. Bischof Ivo Muser hat entschieden, die Ernennung für den seelsorglichen Dienst von Don Giorgio Carli im Oberen Pustertal zurückzunehmen.
Don Giorgio Carli wird die seelsorglichen Aufgaben im Oberen Pustertal nicht übernehmen. Bischof Ivo Muser hat mit dem Priester gesprochen und die Ernennung zurückgezogen.
Grund für diesen Schritt ist die Einschätzung, dass unter den aktuellen Bedingungen kein tragfähiger Rahmen besteht, um diese Aufgabe in Verantwortung gegenüber den Betroffenen und dem pastoralen Umfeld wahrzunehmen. Zugleich sieht sich die Diözese auch Don Giorgio Carli gegenüber in der Pflicht, realistisch mit der entstandenen Situation umzugehen. Carli nimmt bis auf Weiteres eine Sabbatzeit.
Die Diözese unterstreicht, dass sie bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch dazulernen und diese weiterführen will: auf juristischer, seelsorglicher und struktureller Ebene und im Dialog mit der Gesellschaft. Die Maßnahmen werden evaluiert, der Dialog mit Betroffenen und kirchlichen Gremien fortgesetzt. Auch die Fachtagung „Mut zur Umsetzung“ am 7. November ist Teil dieses Weges.
“So funktioniert Prävention nicht!”
Südtirols Katholische Jugend und die Katholische Jungschar Südtirols üben über das jüngste Vorgehen in der Diözese heftige Kritik: “Statt einen klaren Schnitt zu machen und eindeutige Konsequenzen zu ziehen, wurde darüber nachgedacht einen Priester, der mit Missbrauchsvorwürfen in Verbindung gebracht wurde, erneut in einer seelsorglichen Aufgabe einzusetzen – wenn auch mit Auflagen. Das ist nicht nachvollziehbar und setzt ein fatales Signal an Betroffene, an die Gläubigen und besonders an junge Menschen.” Südtirols Katholische Jugend (SKJ) und die Katholische Jungschar Südtirols sind maßlos enttäuscht und verärgert über dieses Vorgehen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen müsse oberste Priorität haben.
Don Giorgio Carli wird die seelsorglichen Aufgaben im Oberen Pustertal nicht übernehmen. Bischof Ivo Muser hat die Ernennung zurückgezogen. „Das war der einzig richtige Schritt“, sind Simon Klotzner, 1. Landesleiter von Südtirols Katholischer Jugend und Matthias Komar 1. Vorsitzender der Katholischen Jungschar Südtirols überzeugt: „Leider wurde aber viel Schaden mit dieser Diskussion angerichtet und viel Vertrauen verloren“.
Das Projekt „Mut zum Hinsehen“ haben SKJ und Jungschar begrüßt, weil es ein wichtiger Schritt gewesen sei, um Verantwortung sichtbar zu machen. “Doch die konkreten Konsequenzen und Umsetzung der Präventionsmaßnahmen bleiben weit hinter dem zurück, was nötig wäre. Solange es Druck von außen braucht, damit Priester mit belastender Vergangenheit nicht mehr im Amt bleiben dürfen, verliert jede Präventionsmaßnahme an Glaubwürdigkeit. Wir müssen nüchtern feststellen: Betroffene brauchen keine weiteren Rückschritte, sondern klare Entscheidungen. Der Schutz von Minderjährigen darf niemals relativiert werden. Es reicht nicht, Auflagen zu verhängen und zu hoffen, dass damit alles gut ist. Vertrauen kann nur zurückgewonnen werden, wenn die Kirche konsequent handelt, Verantwortung übernimmt und endlich die Perspektive der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt“, betonen Simon Klotzner, 1. Landesleiter von Südtirols Katholischer Jugend und Matthias Komar, 1. Vorsitzender der Katholischen Jungschar Südtirols.
Schon 2022 hat Südtirols Katholische Jugend betont: “Oberste Priorität muss der Schutz von Kindern und Jugendlichen haben – nicht das Ansehen der Kirche.”
„Wir haben gefordert, dass Betroffene eine Stimme erhalten und dass die Kirche sich ehrlich und transparent mit ihrer Geschichte auseinandersetzt“, erklärt Simon Klotzner, 1. Landesleiter von Südtirols Katholischer Jugend.
Mit der Petition „Wir brechen das Schweigen: Missbrauch in Südtirol“ und über 1.200 Unterschriften haben sich auch Südtirols Katholische Jugend und die Katholische Jungschar Südtirols klar für eine unabhängige und weisungsungebundene Anlaufstelle auf Landesebene eingesetzt, die kompetent und leicht zugänglich Hilfe bietet.
“Bis heute wurde diese Forderung leider noch nicht umgesetzt. Es braucht endlich die vollständige Einrichtung einer unabhängigen Anlaufstelle auf Landesebene, damit Betroffene echte Unterstützung erhalten. Und es braucht Transparenz in der Aufarbeitung: kein Vertuschen, kein Verschieben. Die Diskussion in den letzten Tagen zeigt einmal mehr, wie schwer es der Kirche fällt, die eigenen Fehler konsequent aufzuarbeiten. Doch so wird kein Vertrauen zurückgewonnen. Im Gegenteil: die Glaubwürdigkeit der Kirche leidet weiter. Der Schaden, der der gesamten Kirche in Südtirol damit angerichtet wurde, ist enorm. Für viele Menschen, die sich für diese Kirche einsetzen, ist das mehr als enttäuschend“, erklären Simon Klotzner und Matthias Komar abschließend.
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