Südtirol muss atmen, um zu gedeihen – ein Kommentar

Einen anstatt Spalten

Donnerstag, 11. Juni 2020 | 15:09 Uhr

Bozen – Seit dem gewaltsamen, von weißen Polizisten herbeigeführten Tod des Afroamerikaners George Floyd werden die Vereinigten Staaten von schweren und teilweise gewaltsamen Unruhen und Demonstrationen heimgesucht. Zu Recht demonstrieren nicht nur in den USA, sondern auch in Europa viele Menschen für Gerechtigkeit und gegen Polizeigewalt und rassistische Diskriminierung. Die USA haben es nie verstanden, ihre Ursünde – die Sklaverei – ganz zu überwinden und den Afroamerikanern gleiche Chancen einzuräumen. Die Coronaepidemie – bisher sind fast zweieinhalb Mal so viele Afroamerikaner wie weiße US-Bürger gestorben – offenbart einmal mehr diese Ungleichheit.

Aber als ob der Tod von George Floyd nicht allein schon schlimm genug wäre, gießt US-Präsident Donald Trump mit verschiedenen Tweets, in denen er unter anderem auch den Einsatz der Armee fordert, weiteres Öl ins Feuer. Anstatt das Land in der Krise zu einen – was eigentlich seine Aufgabe wäre – zieht Trump nach seinem Versagen in der Coronaepidemie es vor, die tiefe Spaltung der US-Gesellschaft für sich zunutze zu machen. Sein zynisches Spiel, mit Bildern von Unruhen und brennenden Straßen bei seinen „Law and Order-Stammwählern“ zu punkten, könnte sogar aufgehen. Dabei ist es ihm egal, dass der gesellschaftliche Graben dadurch immer tiefer und unüberbrückbarer wird.

APA/APA/AFP/KEREM YUCEL

Angesichts der Zustände in den USA können die Südtiroler sich darüber glücklich schätzen, dass in der Vergangenheit besonnene Politiker – die Autonomieväter – das Schicksal des Landes in eine friedliche Richtung gelenkt haben. Dies ist zum Glück bis heute so geblieben. Die Chancenungleichheit, die in den USA herrscht, wäre in Südtirol unvorstellbar. Natürlich mangelt es auch bei uns nicht an Rassisten und schon gar nicht an Politikern und Möchtegerns, die aus Unfrieden und ethnischer Spaltung gerne ihren Vorteil ziehen würden.

Es liegt aber an uns allen, diesen Rattenfängern nicht auf den Leim zu gehen. Schenken wir immer lieber jenen Gehör, die ein Land einen und es nicht spalten wollen. In Südtirol darf es nie einen Platz für rassistische oder ethnische Diskriminierung geben. Unsere Heimat muss atmen, um zu gedeihen.

Von: ka

Bezirk: Bozen