77-Jähriger des Geldes wegen vernachlässigt und weggesperrt – VIDEO

“Peppe fand ein unmenschliches Ende”

Mittwoch, 29. März 2023 | 07:05 Uhr

Toano – Im Todesfall des 77-jährigen Giuseppe Pedrazzini, dessen Leiche im Mai letzten Jahres aus dem Brunnen seines Hauses geborgen worden war, kam es zu einer dramatischen Wende.

Die Autopsie der sterblichen Überreste des Mannes ergab zwar, dass der 77-Jährige rund zwei Monate vor dem Fund der Leiche eines natürlichen Todes gestorben war, weitere Ermittlungen erbrachten aber auch, dass Giuseppe Pedrazzini von seinen nahen Verwandten eingesperrt worden war und dass ihm seine Frau, seine Tochter und sein Schwiegersohn jeglichen Kontakt zur Außenwelt vorenthalten hatten.

Carabinieri Reggio Emilia

Dies alles soll wegen des Vermögens und der Pension des betagten Mannes geschehen sein. Um mögliche Geldausgaben zu verhindern, sollen die drei während einer „Familiensitzung“ vereinbart haben, Giuseppe Pedrazzini „wegzusperren“. Um weiterhin seine Pension kassieren zu können, hatten die drei seine Leiche im Brunnen versteckt. Da ihn sein Hausarzt nie zu Gesicht bekommen hatte und da die Möglichkeit besteht, dass dem 77-Jährigen notwendige Medikamente verweigert worden sein könnten, steht trotz des Ergebnisses der Autopsie weiterhin der Verdacht des „Mordes durch Vernachlässigung“ im Raum. „Peppe fand ein unmenschliches und unvorstellbares Ende“, so der Bruder des Opfers, der die Carabinieri verständigt hatte.

ANSA / Carabinieri Reggio Emilia

Die Ermittlungen kamen ins Rollen, nachdem Giuseppe Pedrazzini im Dorf monatelang nicht mehr gesehen worden war. Auffällig war von Anfang an, dass keiner seiner engsten Angehörigen – weder seine Ehefrau Marta Ghilardini noch seine Tochter Silvia Pedrazzini und deren Mann Riccardo Guida, mit denen der 77-Jährige Tür an Tür wohnte – den Pensionisten als vermisst gemeldet hatte. Da niemand den Ausflüchten der drei Glauben schenkte und im Dorf allgemein bekannt war, dass es mit dem Hausfrieden nicht zum Besten stand, wandten sich Verwandte und Freunde des alten Mannes an die Carabinieri von Toano.

Vigili del Fuoco

Aufgrund ihres verdächtigen Verhaltens gerieten Marta Ghilardini, ihre Tochter Silvia und ihr Schwiegersohn Riccardo Guida sofort in den Fokus der Ermittlungen. Da Giuseppe Pedrazzini an altersbedingten gesundheitlichen Problemen litt, konzentrierte sich die Suche nach dem alten Mann auf die Umgebung seines Wohnorts. Bald schlug ein Spürhund der Hundestaffel der Carabinieri von Bologna beim Brunnen im Garten an. Als die Carabinieri den Brunnen, der vom Opfer für die Bewässerung seines Gartens benutzt wurde, untersuchten, fanden sie in vier Metern Tiefe die Leiche von Giuseppe Pedrazzini.

Nach einem ersten Verhör wurden Silvia Pedrazzini und Riccardo Guida wegen Freiheitsberaubung, Mordes und Beseitigung einer Leiche festgenommen und in eine Haftanstalt überstellt. Da sie trotz des Todes des Mannes weiterhin seine Pension kassiert hatten, kam zu diesen schweren Anschuldigungen noch die Straftat des Betruges zum Schaden des staatlichen Sozialfürsorgeinstituts hinzu. Über Marta Ghilardini hingegen wurde zunächst „nur“ der Hausarrest verhängt. Nach einer kurzen Zeit im Hausarrest verfügte kurz vor Weihnachten der römische Kassationsgerichtshof erneut die Verhaftung des Paares in deren Überstellung in ein Gefängnis.

Vigili del Fuoco

Die Autopsie der sterblichen Überreste von Giuseppe Pedrazzini ergab, dass er zwischen Mitte Februar und Mitte März des letzten Jahres eines natürlichen Todes, höchstwahrscheinlich an einem plötzlichen Herzstillstand, gestorben war. Dieser Tod – so der Autopsiebericht – sei die Folge seines bereits stark beeinträchtigten Gesundheitszustands gewesen. Da ihn sein Hausarzt nie zu Gesicht bekommen hatte und da die Möglichkeit besteht, dass dem 77-Jährigen notwendige Medikamente verweigert worden sein könnten, steht trotz des Ergebnisses der Autopsie weiterhin der Verdacht des „Mordes durch Vernachlässigung“ im Raum.

Mehrere Indizien sollen diesen Verdacht stützen. Während eines abgehörten Telefongesprächs sagte Riccardo Guida über den Tod seines Schwiegervaters, dass der „Penner endlich gestorben“ sei. Silvia Pedrazzini und Riccardo Guida sollen gefürchtet haben, dass Giuseppe Pedrazzini sein Geld im Dorf ausgibt oder seinen Verwandten schenkt. Um mögliche Geldausgaben zu verhindern, sollen die drei Beschuldigten während einer „Familiensitzung“ vereinbart haben, Giuseppe Pedrazzini „wegzusperren“. Sie schlossen ihn in eine Wohnung des Hofes ein und unterbanden jeden Kontakt zur Außenwelt. Zugleich begannen sie, seine Handwerksgeräte und andere Habseligkeiten zu verkaufen, wobei sie im Falle des Verkaufs seines Traktors nicht davor zurückschreckten, seine Unterschrift zu fälschen.

Im Verhör sagte die Frau des Opfers, Marta Ghilardini, aus, dass sie sich vor ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn gefürchtet hätte und von den beiden garadezu „gezwungen“ worden wäre, der Gefangenschaft ihres Mannes zuzustimmen. Weil Marta Ghilardini Eigentümerin von geerbtem Land und Vermögen ist und daher nicht unmittelbare Nutznießerin des Todes ihres Mannes gewesen sein könnte, schätzen die Ermittler ihre Schuld geringer als jene des Paares ein. Ihren Aussagen, dass auch sie sozusagen nur Opfer ihrer Tochter und ihres Schwiegersohns gewesen sei, schenken die Ermittler aber wenig Glauben.

Der Verdacht des „Mordes durch Vernachlässigung“ wiegt schwer. Neben der Verweigerung ärztlicher Visiten und lebensnotwendiger Medikamente – sein Hausarzt hatte weder Giuseppe Pedrazzini noch seine Verwandten, die auf dem Hof mit ihm wohnten, jemals zu Gesicht bekommen – steht auch der Verdacht im Raum, dass dem vollkommen hilflosen und schwerkranken Mann auch Essen und Wasser vorenthalten worden sein könnten.

„Sie haben nie den Arzt gerufen, um ihn behandeln zu lassen. Auch dafür tragen sie Verantwortung. Sicher, sie haben ihn vielleicht nicht lebend in den Brunnen geworfen, aber er war in ihrem Haus. Sie haben sich um ihn nicht gekümmert. Uns haben sie nie etwas wissen lassen. Als wir Verwandten versuchten, Nachrichten zu erhalten, sagten sie uns, es ginge ihm gut. Sie ließen uns aber nie mit ihm telefonieren“, erzählt ein Bruder des Opfers. „Peppe fand ein unmenschliches Ende“, senkt sein Bruder die Augen.

Giuseppe Pedrazzinis Verwandte verlangen Gerechtigkeit und vertrauen der Justiz. „Seit einem Jahr finden mein Mann und die anderen Brüder nicht einmal mehr die Kraft, über ihren Bruder Giuseppe zu sprechen. Das Ende, das er fand, bleibt für sie eine Qual, etwas Unmenschliches und Unvorstellbares“, so die Frau eines Bruders des 77-Jährigen.

Von: ka