Identität und heikle Namen – ein Kommentar

„Alto Adige“ versus „Sudtirolo“

Donnerstag, 24. Oktober 2019 | 09:34 Uhr

Bozen – Eine ganze Woche lang ließ der Beschluss des Südtiroler Landtags, in der italienischen Version des Europagesetzes den Begriff „Alto Adige“ zu streichen, um ihn mit „Provincia di Bolzano“ zu ersetzen, hierzulande und in Rom die Wogen hochgehen. Wohl nicht „nur“ wegen des italienischen Gegenwindes, sondern vielleicht auch wegen der wenig glückbringenden Aussicht, mit diesem und anderen Gesetzen wieder von vorne beginnen zu müssen, wurde in Bozen schnell wieder zurückgerudert.

Man mag über die Begriffe „Alto Adige“, „Provincia di Bolzano“ oder „Sudtirolo“ denken wie man will, aber der heftige Sturm im Wasserglas zeigte einmal mehr, wie empfindlich die Reaktionen sind, wenn es um Namen geht. Das ist so, weil es in Wirklichkeit nicht um den Namen selbst, sondern um die Identität geht, die vom Namen repräsentiert wird. Die einheimischen Italiener – so die Lehre der letzten Woche – wollen in ihrer Mehrheit eben, dass ihre Heimat auch mit dem gewohnten Namen „Alto Adige“, mit dem sie aufgewachsen sind, bezeichnet wird.

Das „Gesetzlein“ hatte bis zur nun beschlossenen Änderung eben den faden Beigeschmack einer quasi „aufgezwungenen“ Bezeichnung. Wer will sich auch schon „abitante della Provincia di Bolzano“ nennen lassen? Dementsprechend empfindlich fielen dann die Reaktionen aus.

Das muss aber nicht immer so sein. Anstatt im Landtag in einer Nacht- und Nebelaktion die Italiener einfach über den Tisch zu ziehen, wäre es besser gewesen, sich mit ihnen an einem Tisch zu setzen. In der Mikrotoponomastik könnten im Einvernehmen große Erfolge erzielt werden. Klar muss dann aber auch sein, dass eine in der Verfassung festgeschriebene Bezeichnung wie „Alto Adige“ dabei nicht zur Disposition steht.

Man kann den Italienern nicht eine Bezeichnung aufzwingen, die sie heute nicht wollen, aber man kann bei ihnen für ein zukünftiges „Sudtirolo“ werben. Das muss aber dann so beschaffen sein, dass es die Identität der Italiener, die sich heute vom „Alto Adige“ besser „vertreten“ fühlen, ebenso stark schützt, wie die alte, historisch etwas anrüchige Bezeichnung. Das ist schwieriger, aber sicher ehrlicher als eine Hauruck-Aktion im heimischen Hohen Haus.

Von: ka

Bezirk: Bozen