Von: Ivd
Kiew – Der Krimi um die Sabotage der Gaspipelines Nord Stream und Nord Stream 2 im September 2022 geht in ein weiteres Kapitel: Einem Bericht des Wall Street Journals zufolge, war der urkainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zunächst in den Plan eingeweiht und hat ihn auf Anraten der CIA kurz vorher abgeblasen. Der damalige Militärchef Walerij Saluschnyj soll sich dieser Anweisung widersetzt haben und die Mission privat finanziert durchgeführt haben. Laut Wallstreet Journal soll auch die deutsche Regierung im Vorfeld von dem Anschlag Bescheid gewusst haben.
Feuchtfröhliche Planung in Kiew
Es klingt fast zu filmreif, um wahr zu sein: Im Frühjahr 2022, so berichtet das Wall Street Journal, soll eine Gruppe ukrainischer Offiziere und Geschäftsleute während einer ausgelassenen Feier beschlossen haben, die Nord-Stream-Pipelines in die Luft zu jagen. Unter ihnen soll ein nicht genannter General gewesen sein, der später mutmaßlich Präsident Selenskyj und den damaligen Militärchef Walerij Saluschnyj in Kenntnis gesetzt hat. Ihr Ziel soll es gewesen sein, nicht nur die russische Wirtschaft zu schwächen, sondern auch sicherzustellen, dass die Gaslieferungen weiterhin über ukrainische Pipelines laufen, um weiter Geld in die ukrainische Staatskasse zu spülen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj habe zunächst grünes Licht gegeben. Doch als die CIA von dem Vorhaben Wind bekam, forderte sie den ukrainischen Staatschef auf, den Plan abzublasen. Ob das tatsächlich passiert ist, ist Gegenstand der derzeitigen Untersuchung. Fakt ist jedoch: Die Sprengungen fanden statt. Dem Wall Street Journal zufolge soll sich Saluschnyj, der bereits mit dem Plan betraut war, über die Anweisung seines Präsidenten hinweggesetzt haben und die Mission privat finanziert haben.
Torpedo Saluschnyj und der Tauchlehrer
Die restliche Geschichte ist bereits seit längerem bekannt: Ein paar als Touristen getarnte ukrainische Taucher, darunter der in Polen lebende ukrainische Tauchlehrer Wolodymyr Z., sollen die Segeljacht „Andromeda“ gechartert und einige Sprengsätze entlang der Pipelines platziert haben. Laut Wall Street Journal soll die Operation etwa 300.000 US-Dollar gekostet haben. Wolodymyr Z. hat sich nach den Berichten über seinen Haftbefehl abgesetzt und wird derzeit gesucht. Es wird befürchtet, dass sich nach den Berichten auch weitere mutmaßlich Beteiligte absetzen könnten.
Doch anstatt eines großen Geheimdienstkomplotts war es, wie ein beteiligter Offizier lachend dem Wall Street Journal erzählt, schlichtweg der Mut „einer Handvoll Leute“, die entschlossen waren, ihr Leben für ihr Land zu riskieren. Angeblich soll Saluschnyj anschließend von Selenskyj zur Rede gestellt worden sein. Dieser soll ihm entgegnet haben, dass er sich wie ein Torpedo verhalten hat: „Wenn man ihn einmal auf den Feind abgefeuert hat, kann man ihn nicht mehr zurückziehen, er läuft einfach weiter, bis er ‚Bumm‘ macht.“
Hat Berlin die Sprengung abgesegnet?
Den Recherchen zufolge war der Bundesnachrichtendienst (BND) schon wenige Tage nach der Explosion über die ukrainische Beteiligung informiert. Die Hinweise kamen angeblich von den niederländischen Geheimdiensten – die Niederlande hatten nach dem MH17-Abschuss im Jahr 2014 ihre nachrichtendienstlichen Fähigkeiten in der Ukraine erheblich ausgebaut. Auch die Amerikaner waren frühzeitig im Bilde.
Doch was passierte dann? Offenbar nicht viel. Die deutschen Politiker hielten sich auffallend zurück. Warum? Laut dem Wall Street Journal könnten einige von ihnen bewusst Beweise ignoriert haben, um die Unterstützung der Bevölkerung während des Ukraine-Kriegs nicht zu gefährden. Ein hochrangiger deutscher Beamter soll gegenüber der Zeitung sogar eingestanden haben, dass ein Angriff dieses Ausmaßes eigentlich Grund genug gewesen wäre, die NATO-Verteidigungsklausel auszulösen. Aber stattdessen wurde das Thema lieber unter den Teppich gekehrt.
Polen und Ukraine: Ein Inside-Job?
Der ehemalige BND-Präsident August Hanning vermutet eine Zusammenarbeit zwischen Polen und der Ukraine bei der Vorbereitung des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines. Er glaubt, dass es eine Absprache zwischen den Präsidenten Selenskyj und Duda gab. Der verdächtigte, in Polen lebende ukrainische Tauchlehrer sei im Wissen von Polen über die mögliche Beteiligung an dem Anschlag nicht an der Ausreise gehindert worden. Laut Hanning hat Polen „kein Interesse an einem Erfolg der Ermittlungen“, da das Land „in die Vorbereitung des Anschlags massiv involviert“ gewesen sein soll.
Und was sagt Kiew?
Die ukrainische Regierung bestreitet weiterhin jede Beteiligung an der Sabotage. „So eine Tat kann nur ausgeführt werden mit großen technischen und finanziellen Ressourcen“, sagte Mychailo Podoljak, Berater von Präsident Selenskyj, gegenüber Reuters. „Und wer hatte all das zum Zeitpunkt des Anschlags? Nur Russland.“ Kiew bleibt dabei: Der Kreml steckt hinter der Zerstörung der Pipelines.
Aktuell sind 73 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen