Black Lives Matter-Bewegung zieht Kreise nach Südtirol

Rassismus: Nur mehr „Capanna Nera“ anstatt Negerhütte

Freitag, 26. Juni 2020 | 22:11 Uhr
Update

Bozen – Nach Protesten und einer ins Leben gerufenen Petition, mit der eine Umbenennung der Schutzhütte im Gadertal gefordert wurde, entschieden sich die Inhaber, den Namen Negerhütte abzulegen, um fortan nur noch den italienischen Namen der Hütte zu verwenden, nämlich „Capanna Nera“.

“Nach den unzähligen Mitteilungen; die wir in den letzten Tagen erhalten haben – für die wir allen, die sich für eine gerechte Sache einsetzen und uns auf den Unterschied zwischen Intention und Wirkung aufmerksam gemacht haben, dankbar sind – haben wir uns zu einem Schritt entschieden, der schon seit einiger Zeit fällig war: Wir werden den deutschen Namen unserer Skihütte ablegen, um fortan nur noch den italienischen zu verwenden nämlich „Capanna Nera“.

Der Name unserer vor 100 Jahren errichteten Hütte, der sich auf das für den Bau verwendete schwarze Holz bezog, ist allein deshalb nicht mehr zeitgemäß und tragfähig, weil das Verständnis von Sprache, wie alles, historischen Wandlungen unterliegt und die heutige Konnotation eine andere ist als damals.

Gerade in Zeiten politischer Umwälzungen gilt es, feinhörig zu sein und sich den Anliegen derer, die jahrhundertealte Machtverhältnisse mit Recht bekämpfen, nicht zu verschließen. Diesen Protesten und strukturellen Veränderungen wollen wir mit unserer Namensänderung, die ab sofort in Kraft tritt, Rechnung tragen”, so die Inhaber auf ihrer Facebook-Seite.

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Was bisher berichtet wurde:

Im Rahmen der weltweiten Proteste gegen Rassismus nach mehreren Toten durch Polizeigewalt in den USA ist auch die Negerhütte in Südtirol ins Visier geraten, berichtet die Nachrichtenagentur Ansa.

In Deutschland wurde eine Petition ins Leben gerufen, mit der eine Umbenennung der Schutzhütte im Gadertal gefordert wird. Die Promotoren wenden sich unter anderem an den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella. Bislang wurden rund 7.000 Unterschriften gesammelt (Stand 26. Juni 2020).

Die Betreiber der Schutzhütte erklären unterdessen auf Facebook, dass der Name vom lateinischen Begriff „niger“ – auf Deutsch schwarz – und nicht vom deutschen Ausdruck „Neger“ herrührt.

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„Wir sprechen uns deutlich gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aus. Jeder Gast, egal welcher Herkunft, war schon immer und ist bei uns stets herzlich willkommen. Selbstverständlich verstehen wir den öffentlichen Unmut und werden Schritte ergreifen, sodass unsere traditionelle Skihütte auch weiterhin ein einladender Ort für jeden bleibt“, erklären die Betreiber auf Facebook weiter.

STF: „Nach Negerhütte auch Nigerhütte und Moritz verbieten lassen?“

Mit Unverständnis auf die Kritik reagiert auch die Süd-Tiroler Freiheit. Sprachwissenschaftler und Toponomastikexperte Cristian Kollmann von der Bewegung meint zur Forderung: „Der Begriff Neger ist, etymologisch betrachtet, nicht wertend. Er stammt aus dem lateinischen Adjektiv niger, was ‘schwarz’ bedeutet. Dieses Wort lebt fort in zahlreichen romanischen Sprachen wie z.B. in fassanisch neigher. Entsprechend oft kommt es auch in Eigennamen und Flurnamen vor und bezeichnet dabei schwarze oder schwärzliche Gegenstände oder Fluren.“

So sei zum Beispiel die Negerhütte nach ihrem schwarzen Erscheinungsbild, da mit Steinkohleteeröl bestrichen, benannt. In Tiers gebe es einen Geländerücken, den Alten Niger. Nach ihm benannt seien z.B. das Nigertal, der Nigerpass und die Nigerhütte.

„Dass all diese Bezeichnungen in keinem Fall etwas mit dem Schwarzafrikaner zu tun haben, liegt auf der Hand, und um so absurder ist die Forderung nach der Umbenennung der Negerhütte. Folgt man dieser Forderung, müsste man in einem nächsten Schritt auch beispielsweise die Nigerhütte umbenennen oder den Vornamen Moritz verbieten lassen, weil dieser von Mauritius stammt, woraus sich auch unser Wort Mohr ableitet“, erklärt Kollmann.

Von: mk

Bezirk: Bozen, Pustertal