Von: luk
Bozen – Im Landtag standen heute Anträge von Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit, Team Autonomie zur Diskussion.
Beschlussantrag Nr. 817/17: Verbesserung der Kontroll- und Überwachungssysteme in Bahnhöfen und auf Zügen (eingebracht von den Abg. Tinkhauser, Mair, Zingerle, Blaas, Stocker S. und Oberhofer am 7.9.2017). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, — an hoch frequentierten Bahnhöfen Schleusensysteme einzuführen, welche die Gültigkeit der Zugtickets kontrollieren und den Zugang zum Zug ohne Ticket verbieten. — die Überwachungssysteme in den Bahnhöfen und auf den Zügen auszubauen und zu optimieren.
“In letzter Zeit häufen sich Probleme in Bahnhöfen und auf den Zügen. Personen versuchen ohne gültiges Ticket zu reisen, übertreten die geltenden Benimmregeln in den Zügen, beschimpfen bei Kontrollen das Zugpersonal und werden gegenüber diesem aggressiv und handgreiflich”, berichtete Roland Tinkhauser (Freiheitliche). “Immer wieder wird Zugpersonal dadurch an der Arbeit gehindert und manchmal sogar verletzt. Falls solche Fahrgäste ohne Ticket den Zug im nächsten Bahnhof verlassen müssen, warten sie einfach ab, um bei der nächsten Gelegenheit wieder auf einen Zug aufzusteigen. Neben dem Zugpersonal, welches sich nicht mehr sicher fühlt, leiden auch die anderen Fahrgäste darunter, welche sich ordnungsgemäß verhalten und ihr Ticket zahlen. Diese fühlen keine Gerechtigkeit mehr. Sie zahlen mit ihren Steuergeldern die Anschaffung der Züge und nachher auch ordnungsgemäß für die Fahrten, müssen sich aber von diesen Schwarzfahrern Sitzplätze wegnehmen lassen, werden beschimpft und fühlen sich nicht sicher. Am häufigsten treten diese Missstände bei Zügen auf, welche über die Landesgrenzen verkehren und an sehr stark frequentierten Bahnhöfen im Landesinneren, wo diese Fahrgäste zu- und aussteigen. Es gilt also Zutrittskontrollen einzusetzen, welche den Zugang ohne Ticket ausschließen und die Sicherheit auf den Zügen für die Fahrgäste und Zugpersonal garantieren.” Tinkhauser verlas zur Untermauerung ein Interview mit einem Südtiroler Schaffner, der von den Zuständen in den Zügen berichtete.
Walter Blaas (F) bezeichnete die Zahl der Schwarzfahrer, die ihm LR Mussner übermittelt habe, als beeindruckend. 2016 seien 3.100 Schwarzfahrer von SAD, Libus und Trenitalia festgestellt worden, während SASA keine Auskunft gegeben habe. Zu 60 Prozent handle es sich um Ausländer. Die ausgestellten Strafen würden 120.000 Euro betragen, aber viele davon würden nicht bezahlt.
Das Problem könne man nicht in Abrede stellen, meinte Hans Heiss (Grüne), es werfe allerdings einige Fragen auf. Es sei grundsätzlich die Aufgabe des Unternehmens, sich damit zu befassen, nicht des Landtags. Es sei unverantwortlich, wenn sich das Management immer vor dieser Frage wegducke. Es müsste doch möglich sein, in den bekannten Problemzügen gezielt Securitypersonal einzusetzen. Sogar eine Maturaklasse müsse für ihren Ball Sicherheitspersonal einsetzen. Ein Schleusensystem sei z.B. am Bahnhof Bozen, vor allem in den Stoßzeiten, nicht umsetzbar.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) bezeichnete das Problem als schwerwiegend. Die aufgezeigten Lösungen seien sinnvoll, aber nicht Zuständigkeit der Landesregierung. Mit der heutigen Rechtslage könne der Schaffner einen Schwarzfahrer nicht physisch zum Aussteigen zwingen, es werde der Zug angehalten, bis die Polizei komme, und die Fahrgäste müssten geduldig warten.
Dieter Steger (SVP) teilte das Anliegen des Antrags. Das Thema sei anzusprechen, an wenn manche darin Populismus sähen. Es mangle derzeit an Kontrollen und Disziplin in den Zügen und Bussen. Zuerst seien die Betreiber der Linien gefordert, aber auch die Polizei. Diese tue sich leichter, unbescholtene Bürger zu bestrafen. Er würde dem Antrag zustimmen, er müsse aber zuallererst RFI in die Pflicht nehmen, die für die Schleusensysteme zuständig sei.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sah technische Probleme für Schleusen an den Bahnhöfen. Er sehe Schleusen auch als Einschränkung der Freiheit. Der Sicherheitsaspekt sei jedenfalls nicht zu vernachlässigen, und es sei unverständlich, dass man im Flughafen alle erdenklichen Kontrollen habe, im Bahnhof aber nicht. Denkbar wären Kontrollen am Bahnsteig, gewissen Leuten sehe man es an, dass sie keine Fahrkarte hätten.
Ulli Mair (F) wunderte sich über die Stellungnahme von Heiss. Es sei nicht lächerlich, wenn sich die Politik mit Sicherheit befassen müsse. Es gehe hier auch um die Sicherheit von Frauen, auch unter dem Personal, das könne nicht lächerlich sein. Es sei eine ganz bestimmte Gruppe, die ohne Fahrkarte reise.
Die Bevölkerung erwarte sich in dieser Frage eine Stellungnahme des Landtags, meinte Oswald Schiefer (SVP), die Situation sei brenzlig. Er werde auf der Strecke Neumarkt-Bozen oft darauf angesprochen. Es werde auch beanstandet, dass sich gewisse Personen benähmen, als ob der Zug ihnen gehörte. Vor allem Afrikaner seien in diesen Zügen unterwegs, um zum Betteln nach Bozen zu kommen. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Schwarzfahren sei auch ein Affront gegenüber zahlenden Fahrgästen.
Es gehe hier um die Sicherheit der Fahrgäste und des Personals, erklärte Tamara Oberhofer (F), um mögliche Vergewaltigungen, aber auch um Betteln und Belästigungen. Wenn man wolle, dass die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden, müsse man für Sicherheit sorgen. Verbesserungen könne man nur durch Kontrollen erreichen. Wenn die Londoner mit den Sicherheitsvorrichtungen wie Schleusen zurechtkämen, dann würden es die Südtiroler auch schaffen.
Es sei nicht so, dass unsere Züge voller Randalierer seien, meinte hingegen Riccardo Dello Sbarba (Grüne), es seien einzelne Vorfälle, die aber auch ihre Beachtung verdienten. Langstreckenzüge würden gut überwacht, das Problem bestehe bei den Pendlerzügen, die zu Stoßzeiten aber schwer zu kontrollieren seien. Die Landesregierung sollte mit den Dienstbetreibern nach geeigneten Lösungen suchen. Er könne sich Polizeikontrollen im Zug vorstellen.
Hans Heiss stellte auf den Vorwurf von Mair klar, dass es lächerlich sei, wenn der Landtag über dieses Problem reden müsse, das das Management der Verkehrsdienste längst hätte angehen müssen. Schael kreide man jeden Furz an, die Manager der Verkehrsdienste blieben ungeschoren.
Heiss könne nicht festlegen, was im Landtag lächerlich sei und was nicht, erklärte Walter Blaas.
LR Florian Mussner berichtete von einem Treffen mit den Polizeikräften, Präfekt und Trenitalia. Man habe beschlossen, dass die Polizei die Züge verstärkt kontrolliere, während die Ortspolizei die Bahnhöfe überwache. Das Land übernehme die Mehrkosten für die Züge der SAD. Man werde auch mehr Überwachungskameras in Zügen und Bahnhöfen installieren. Auch über Schleusen habe man gesprochen, hier brauche es aber noch Klärung. In Bozen sei die Situation zudem anders als auf dem Land. Das Land finanziere auch den Einsatz von Privatwachen auf den SAD-Zügen, von Trenitalia stehe die Antwort noch aus.
Roland Tinkhauser sah den Landtag schon dafür zuständig, über ein von der Bevölkerung gefühltes Problem zu diskutieren. Drehkreuze seien als Schleusen heutzutage nicht mehr nötig, es gebe moderne Mittel. Er formulierte den ersten Teil seines Antrags um: Demnach solle für die Schleusen auf RFI eingewirkt und zuerst die Machbarkeit geprüft werden.
Der Antrag wurde in drei Teilabstimmungen mit breiter Mehrheit genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 820/17: Gesamttiroler Naturparks: Tirol rückt wieder ein Stück näher zusammen! (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Knoll und Atz Tammerle am 13.9.2017). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. mit den zuständigen Stellen im Bundesland Tirol in Verbindung zu treten, um den Zusammenschluss von länderübergreifenden Naturparks zu prüfen und bei positivem Befund zu verwirklichen, 2. bei positivem Befund eine Harmonisierung der Naturpark-Statuten beider Länder umzusetzen.
“Landtagspräsident van Staa zeigte sich dem Vorschlag gegenüber sehr positiv eingestellt”, berichtete Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). “Im Falle der Naturparks bräuchte es eine Anpassung bzw. Harmonisierung der Naturpark-Statuten, um einheitlich hohe Qualitätskriterien hinsichtlich Naturschutz, Erhalt der Biodiversität, nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums, nachhaltiger Tourismus und Umweltbildung zu erzielen.”
LR Richard Theiner berichtete von einer vielfachen Zusammenarbeit mit dem Bundesland Tirol in Umweltdingen. Zwischen Pustertal, Zillertal und Osttirol gebe es z.B. das größte zusammenhängende europäische Schutzgebiet. Es gebe rechtlich aber einen riesigen Unterschied. In Österreich gebe es den Vertragsnaturschutz, in Italien nicht. Aber die praktische Zusammenarbeit gelinge sehr gut.
Zusammenarbeit sei gut, aber eine gemeinsame Struktur wäre besser, meinte Bernhard Zimmerhofer. Kompatscher könnte als nächster Euregio-Präsident dies vorantreiben.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 821/17: Verpflichtender Sprachnachweis für Maturanten (eingebracht von der Abg. Artioli am 15.9.2017). Die Landesregierung sei aufgerufen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Möglichkeiten des Erwerbs von europäischen Sprachzertifikaten an allen Schulen Südtirols ermöglichen – so lautet die neue Fassung gemäß einem gemeinsamen Änderungsantrag mit LR Achammer.
Elena Artioli (Team Autonomie) unterstrich die Bedeutung der Sprachzertifikate für den Eintritt in die Arbeitswelt. Die Zugehörigkeit zur Sprachgruppe sei heute nicht mehr genug.
Jeder Antrag, der zu mehr Mehrsprachigkeit führe, sei sinnvoll, meinte Dieter Steger (SVP). In erster Linie müsste man aber beim didaktischen System ansetzen. Dennoch sei es zu unterstützen, wenn sich Oberschüler um ein Sprachzertifikat bemühten.
Sven Knoll (STF) forderte mehr Klarheit. Er wäre dagegen, wenn die Matura bereits als Sprachnachweis gelte.
Hannes Zingerle (F) begrüßte den Antrag.
Damit werde sich auch der Sprachunterricht ändern, denn man müsse mehr auf den Sprachgebrauch achten als auf die Literaturgeschichte.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) sah in der neuen Fassung des Antrags einen Rückschritt. Die erste Fassung hätte den Zweisprachigkeitsnachweis mit der Matura gemeint. Die Schulen müssten in die Lage versetzt werden, zweisprachige Absolventen hervorzubringen. Die neue Formulierung nütze nur wenigen.
LR Philipp Achammer sprach sich gegen die automatische Anerkennung der Matura als Sprachnachweis aus. Die Matura würde damit zweckentfremdet und abgewertet. Mit der neuen Fassung des Antrags fördere man hingegen den Erwerb der Sprachzertifikate während der Oberschule.
Die Prämissen des Antrags wurden abgelehnt, der beschließende Teil wurde mit 25 Ja und 4 Enthaltungen angenommen.