Vortragsreihe

Die Reformation – eine 500-jährige Geschichte

Donnerstag, 06. Oktober 2016 | 17:52 Uhr

Bozen – Das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen veranstaltet zum Lutherjahr 2017 eine Vortragsreihe zur Geschichte der Reformation und der katholischen Reaktion.

War die Reformation der Beginn einer neuen Zeit? Stellte sie den Startschuss für die Entwicklung des modernen Individuums dar? War die Reformation ein globales Phänomen von unumstößlicher Wirkung? Hat Luther die Welt verändert?

All diese Fragen, mit denen sich die Forschung herumschlägt, machen die Reformation zu einem hochaktuellen Thema. Die Tatsache, dass sich der Thesenanschlag Luthers 2017 zum 500sten Mal jährt, lässt auf eine intensive Auseinandersetzung mit diesem spannenden Themenkomplex hoffen.

Mit seinen 95 Thesen gegen den Ablasshandel bezog Luther eindeutig Stellung gegen die Missstände in der christlichen Kirche seiner Zeit, vor allem gegen die „Werkgerechtigkeit“, wonach gute Taten, Buße, die Befolgung von Geboten oder gar der Kauf von Ablassbriefen Erlösung bringen könnte. Dagegen waren die Reformatoren (nicht nur Luther, auch Zwingli und später Calvin) überzeugt, dass die Erlösung rein aus der göttlichen Gnade erwachsen könne und formulierten die Rechtsfertigungstheologie: Nur die göttliche Gnade („sola gratia“) bewirkt Erlösung; nur der Glaube des Menschen („sola fide“) macht diese möglich und nur an der Heiligen Schrift („sola scriptura“) und nicht an der kirchlichen Tradition hat sich der Gläubige zu orientieren. Im Mittelpunkt des Glaubens sollte Jesus Christus („solus Christus“) stehen und nur die von ihm eingesetzten Sakramente sollten noch diesen Status genießen: Taufe und Abendmahl. Damit wurde auch der Stand der geweihten Priester aufgehoben und das „Priestertum aller Gläubigen“ eingeleitet.

Der neue Glaube verbreitete sich auch dank des Buchdrucks und der breiten Rezeption von Flugschriften in Windeseile; die politische Situation der extremen territorialen Zersplitterung im deutschen Reich, die Tatsache, dass Karl V. auf seine Kaiserwahl hinarbeitete (1519/20) und die Türkengefahr verhalf der Reformation bald auch politisch zum Durchbruch. Die katholische Welt konterte mit einer eigenen profunden Erneuerung durch das Konzil von Trient (1545–1563) und mit der barocken Frömmigkeit.

Anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 veranstaltet das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freie Universität Bozen in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck, mit der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen und der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Bozen eine interdisziplinär und international besetzte Vortragsreihe zur Geschichte von Reformation und Gegenreformation und ihrer Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert. Nach eröffnenden Vorträgen über den Reformator Martin Luther und die Reformation als gesamteuropäisches Ereignis werden in einer ersten Sektion verschiedene Räume der reformatorischen Bewegung (Alttirol, Oberitalien, Siebenbürgen, Slowenien, Ungarn) – und in ihnen die Diversität der Bewegung selbst – in den Blick genommen. Eine zweite Gruppe von Vorträgen wird die Formierung von Konfessionskulturen vorstellen, wie sie sich nach der Reformation und dem Konzil von Trient herausgebildet haben. In einem dritten Schritt werden die langfristigen Wirkungen und Transformationen der Reformation in den modernen Gesellschaften bis heute thematisiert.

Der Auftaktvortrag von Rudolf Leeb, Professor für Kirchgeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, findet am 14. Oktober 2016 um 17.30 Uhr an der Freien Universität Bozen statt. Der Experte für die Geschichte der Reformation und Gegenreformation in Österreich wird zum Thema „Reformation als Umbruch“ sprechen.

Von: mk

Bezirk: Bozen