Fastenzeit als Nachdenkzeit

Josefitag: Katholische Männerbewegung will Gewalt an Frauen verhindern

Sonntag, 19. März 2023 | 08:01 Uhr

Bozen – Am 19. März wird der Tag des Heiligen Josef begangen. „Der biblische Josef sei der Prototyp des Kümmerers gewesen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Männerbewegung (kmb) in Südtirol Roland Feichter. Die Männerbewegung thematisiert anlässlich des Josefitages Gewalt an Frauen: Gewalt an Frauen und Mädchen zähle zu den häufigsten Menschenrechtsverletzungen und gehe meist von Männern aus. Nach offiziellen Schätzungen wird jede dritte Frau einmal im Leben Opfer von Gewalt. 2019 hat in Südtirol in fast zwei Dritteln aller Fälle der Partner Gewalt an Frauen ausgeübt, in weiteren 20 Prozent der Fälle war es der Ex-Partner. Gewalt an Frauen sei keine Privatangelegenheit, auch wenn sie in den eigenen vier Wänden geschehe, betont Georg Oberrauch, Vorsitzender der kmb.

In Südtirol haben sich im Jahr 2021 mehr als 600 Frauen an Gewalt-Kontaktstellen gewandt; die Dunkelziffer wird weit höher geschätzt. Gewalt hat verschiedene Gesichter: körperliche, sexualisierte, psychische, soziale und finanzielle Gewalt, Stalking und Belästigung. Jeder Fall mache fassungslos und sei mit der Frage verbunden, wie es soweit kommen konnte, sagt Roland Feichter. „Als Katholische Männerbewegung möchten wir dieses Thema ansprechen, auch wenn viele es lieber übergehen, weil es unangenehm und komplex ist“, unterstreicht der stellvertretende Vorsitzende der Männerbewegung. Es gelte, gemeinsam Wege aus der Gewalt zu finden und präventiv zu handeln. „Gewalt und ihre vielen Facetten blockieren, verhindern, hemmen die Lebendigkeit und die Leichtigkeit, nach der wir uns sehnen“, veranschaulicht Roland Feichter.

Der heilige Josef gilt als Schutzpatron der Ehe, als Kümmerer und Ziehvater von Jesus. Roland Feichter vermutet, dass Josef heute nicht allzu lange analysieren würde, sondern sich auf den Weg machen und das Thema Gewalt konkret angehen würde. „Josef hat ein Zeichen gesetzt, indem er zu Maria gestanden ist, die nicht von ihm schwanger war.“ Er habe damit einiges riskiert und neue Wege eröffnet. In unserer nach wie vor patriarchalen Gesellschaft und Kirche sei nicht „das Männliche“ an sich die Schwierigkeit, sagt der stellvertretende Vorsitzende der kmb. Vielmehr sei es das Einseitige, das Übersehen und nicht Beteiligen von weiblichen Qualitäten, der mangelnde Kontakt zwischen Kopf, Herz und Hand.

Auch der Vorsitzende der kmb Georg Oberrauch betont, dass Josef sich in dieser anspruchsvollen Situation nicht aus dem Staub gemacht hat: „Er ist – auch wenn es in der damaligen Kultur und Gesellschaft wohl sehr schwierig war – zu Maria gestanden und hat seinem Ziehkind Jesus eine wertvolle Voraussetzung geschaffen.“ Der Grundwert Frieden, verstanden als eine Entscheidung für Gewaltlosigkeit und Gewaltfreiheit, habe seinen Ursprung in pazifistischen Traditionen, erklärt Georg Oberrauch. In der Charta der Vereinten Nationen von 1945 werden „Frieden und Sicherheit“ als Grundlage der zwischenmenschlichen Existenz und Entfaltung gesehen. Die Katholische Männerbewegung könne durch Gespräch, Austausch und konstruktive Auseinandersetzung einen Zugang und ein Gespür für die Nöte der Männer entwickeln und darauf aufmerksam machen.

Roland Feichter ergänzt: „Männer, die begreifen, dass sehr oft die eigene Hilflosigkeit zu Übergriff und Gewalt führt, bekommen durch dieses Erkennen eine Wahl: die eigene Not in schwierigen Momenten zu erkennen und mit dieser gut umzugehen, anstelle Schuld unreflektiert auf andere – auf Frauen – zu schieben.“ Gewalt geschieht häufig unter Alkoholeinfluss. Sich zu betäuben, ob mit Alkohol, Arbeit, durch ständige Aktivität oder durch Flucht in die digitale Welt, würde Menschen von sich selbst entfremden und bringe keine nachhaltige Lösung, sagt Georg Oberrauch. Solche Muster zu durchbrechen, eröffne neue Wege. Der Josefitag könne als Nachdenktag und die Fastenzeit als Nachdenkzeit dafür genutzt werden. „Muster, denen wir ausgeliefert sind, sind häufig problematisch“, sagt der Vorsitzende der Männerbewegung. „Wir können durch Männerrunden, durch den Austausch – natürlich auch mit Frauen – aufzeigen, dass die meisten Probleme und Nöte überwindbar sind und alte Muster überflüssig machen.“ Dazu brauche es aber ein waches Hinschauen, ein Erkennen und eine zunehmende Bewusstheit. Diese Bewusstheit komme nicht zufällig oder einfach daher, sie erfordere echtes Begegnen, vor allem mit sich selbst.

Von: mk

Bezirk: Bozen