Von: APA/dpa
Die deutsche Autorin Ursula Krechel (77) erhält den Georg-Büchner-Preis 2025. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung soll am 1. November im Staatstheater in Darmstadt verliehen werden. Der Büchner-Preis zählt zu den wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum. Im vergangenen Jahr war der auch in Wien lebende Südtiroler Autor Oswald Egger prämiert worden.
“Mit ihr zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung eine Autorin aus, die in ihren Gedichten, Theaterstücken, Hörspielen, Romanen und Essays den Verheerungen der deutschen Geschichte und Verhärtungen der Gegenwart die Kraft ihrer Literatur entgegensetzt”, begründete die Jury ihre Entscheidung. Die Themen Flucht, Exil, Gewalt, Feminismus seien von Anfang an in dem Werk der in Berlin lebenden Autorin präsent.
“Ich habe mich immer viel mit dem Exil, zunächst dem literarischen Exil, dem Exil von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, beschäftigt und dann ging ich einfach weiter in die Situation von unbekannten Menschen und habe sie gerne zum Teil aus der Versenkung geholt, zum Teil einfach auch, bin ich ihren Spuren gefolgt, soweit es Dokumente gab”, sagte Krechel der Deutschen Presse-Agentur. Sie selbst habe keine solchen Erfahrungen gemacht. “Gerade das andere, das Fremde, hat mich angezogen.”
Schon als kleines Mädchen geschrieben
“Die Ideen, für das, was ich schreibe, bereiten sich lange vor. Ein Projekt gibt im Grunde genommen dem anderen die Hand, sodass ich gar nicht viel Ideen brauche, sondern die Ideen sind einfach da und ich hebe sie auf”, sagte Krechel. Geschrieben habe sie eigentlich schon immer, schon als kleines Mädchen. “Es schien mir einfach die produktivste Weise für mich, mich mit der Welt auseinanderzusetzen oder sie überhaupt eben auch zu erfassen.”
Zahlreiche Bücher im Jung und Jung Verlag erschienen
Ursula Krechel wurde am 4. Dezember 1947 in Trier geboren und studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Nach dem Studium arbeitete sie als Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund, ihr literarisches Debüt gab sie 1974 mit dem Theaterstück “Erika”, 1977 folgte mit “Nach Mainz!” der erste Gedichtband und 1981 ihr erster Roman “Zweite Natur”. Zuletzt veröffentlichte sie etwa im Salzburger Jung und Jung Verlag den Roman “Geisterbahn”, den Gedichtband “Beileibe und zumute” (2021) und den Essayband “Gehen, Träumen, Sehen. Unter Bäumen” (2022). In diesem Jahr erschienen bei Klett-Cotta der Roman “Sehr geehrte Frau Ministerin”, in dessen Mittelpunkt vier Frauen in Antike und Gegenwart stehen, deren Leben von erlittener und ausgeübter Gewalt geprägt ist, sowie der Band “Vom Herzasthma des Exils” (2025).
Große Erzählung der Vertreibung
“Ihre aus umfangreichen Recherchen hervorgegangene Romantrilogie ‘Shanghai fern von wo’ (2008), ‘Landgericht’ (2012) und ‘Geisterbahn’ (2018) erweist sich als eine große Erzählung der Vertreibung und Verfolgung von Juden und Sinti und der Rückkehr in ein Deutschland, in dem das Exil in die Erfahrungen von Fremdheit und Nicht-Zugehörigkeit mündet”, teilte die Jury in ihrer Begründung mit. Das Thema der Selbstbehauptung, Wiederentdeckung und Fortentwicklung weiblicher Autorschaft ziehe sich als roter Faden durch ihr gesamtes mehrfach ausgezeichnetes Schaffen.
“Ihr Werk öffnet Archive der Erinnerung, seziert unsere Sprache und rührt an Wunden, die uns bis heute prägen”, heißt es in einer Gratulation von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer auf der Plattform X. “Eine Stimme, die zeigt, wie Literatur Gewissen schärft und Demokratie verteidigt.”
Seit 1951 vergibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Preis an Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die in deutscher Sprache schreiben. Die Preisträger müssen “durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten” und “an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben”. Zu den Preisträgern gehören die spätere Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek (1998), Max Frisch (1958), Günter Grass (1965) und Heinrich Böll (1967) sowie in jüngerer Zeit Lukas Bärfuss, Elke Erb, der Österreicher Clemens J. Setz und Emine Sevgi Özdamar. Namensgeber ist der Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner (“Woyzeck”). Er wurde 1813 im Großherzogtum Hessen geboren und starb 1837 in Zürich.
(S E R V I C E – www.deutscheakademie.de)
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