Von: apa
Der weltbekannte österreichische Maler Arnulf Rainer ist tot. Er verstarb am Donnerstag zu Hause in Oberösterreich kurz nach seinem 96. Geburtstag, wie die Familie Rainers am Sonntagnachmittag der APA bestätigte. Rainer war einer der bedeutendsten Vertreter der heimischen Nachkriegskunst. Sein Werk ist umfangreich und vielschichtig. Nach Anfängen im Surrealismus und Informel gelangte er vor allem mit seinen Übermalungen zum Welterfolg.
Geboren wurde Arnulf Rainer am 8. Dezember 1929 in Baden bei Wien. Dort befindet sich seit 2009 ein eigens ihm gewidmetes Museum. Von 1940 bis 1944 besuchte er die Nationalpolitische Erziehungsanstalt in Traiskirchen und danach die Staatsgewerbeschule in Villach, wo er 1949 maturierte. In Folge wurde er sowohl an der Hochschule für angewandte Kunst als auch für bildende Kunst aufgenommen, die er aber beide schon nach wenigen Tagen wegen Kontroversen mit seinen Lehrern verließ. Gemeinsam mit Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Arik Brauer, Wolfgang Hollegha und Josef Mikl gründete er 1950 die “Hundsgruppe” und begegnete 1953 dem Priester Otto Mauer. In dessen “Galerie nächst St. Stephan” war Rainer schließlich bald mit seinen ersten Einzelpräsentationen sowie mit Hollegha, Markus Prachensky und Mikl als Malergruppe “Galerie St. Stephan” zu Hause.
Beginn mit Surrealismus und Informel
Mit Beginn der 50er-Jahre wandte sich Rainer nach erstem Interesse für Surrealismus und Informel seinen für ihn charakteristischen Übermalungen zu. Eigene und fremde Bilder, Selbstporträts und Fotos kamen ihm unter Farbe, Kohlestift und Kugelschreiber, 1961 wurde er in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes sogar gerichtlich verurteilt. Gerade wegen seiner radikalen Verhüllung von oft auch religiösen Symbolen war Rainer jahrelang umstritten – von kirchlicher Seite wurde seine Arbeit aber mit mehreren Auftragsarbeiten und Ehrendoktoraten sowohl der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität von Münster als auch der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz zunehmend gewürdigt. Zu Friktionen kam es jüngst im Zusammenhang mit 77 Kreuzarbeiten des Künstlers, die im Wiener Stephansdom zur Fastenzeit 2026 ausgestellt werden sollen. Rainer hatte erst im November über seinen Anwalt dagegen Protest eingelegt mit der Begründung, er habe diese Werke nie aus religiösen Motiven geschaffen und fühle sich kirchlich vereinnahmt.
“Als Künstler bin ich immer unzufrieden. Ich sehe immer die schwachen Punkte, wenn ich auf meine Bilder schau. Da ist immer ein ‘Ungenügend’ da”, erklärte Rainer einmal in einem Interview. Von Interpretationen des eigenen Werks sah er stets ab, zur Bedeutung seiner Übermalungen erklärte er allerdings einmal: “Bei mir ist es keine Negation, sondern ich versuche, etwas lebendiger zu machen. Etwas, was aus der Geschichte kommt, lebendig zu machen für die Gegenwart.”
Ab 1963 arbeitete Rainer in verschiedenen Studios in Berlin, München, Köln und schließlich Wien, wo 1968 im Museum des 20. Jahrhunderts auch seine erste Retrospektive stattfand. Als ihm 1974 der Kunstpreis der Stadt Wien verliehen werden sollte, verweigerte er die Teilnahme an der Übergabezeremonie – der Preis wurde ihm wieder aberkannt. 1977 nahm er an der documenta 6 teil, ein Jahr später vertrat er Österreich bei der Biennale von Venedig. 1978 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis und wurde im gleichen Jahr Mitglied des Österreichischen Kunstsenates. Der Auszeichnungsreigen sollte 2005 gekrönt werden, als Rainer als erster nicht spanischer Künstler den Aragon-Goya Preis für sein Lebenswerk erhielt. Zahlreiche österreichische Ehrungen folgten. Erst im heurigen April wurde er mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich bedacht.
Der Akademie-Skandal
Ab 1981 hatte Rainer eine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Wien inne. Dort wurden 1994 allerdings 36 Bilder, die in seinem Akademie-Atelier aufbewahrt waren, übermalt und beschädigt. Ermittlungen gegen Rainer und seine Galeristin wurden im Jahr darauf eingestellt. Rainer selbst ließ sich auf den Schock hinaus auf eigenen Wunsch emeritieren. Als Hauptverdächtiger stellte sich ein ehemaliger Student heraus, der anschließend Selbstmord begangen haben soll. “Nicht ich bin das Opfer, sondern dieser junge Mensch”, sagte Rainer Jahre später. Für geistig Behinderte und psychisch Kranke interessierte sich Rainer vor allem als Kunstsammler – in 50 Jahren Sammlertätigkeit hat er aus Art Brut und anderen Schulen eine beachtliche Kollektion zusammengetragen.
Viel ausgestellt und gewürdigt
In den internationalen Kunstrankings wurde Arnulf Rainer wiederholt in den Top 100 geführt, und auch die Museen der Welt würdigten die künstlerische Arbeit des Malers, der heute vor allem in seinem adaptierten Bauernhof im Innviertler Enzenkirchen lebt, mit zahlreichen Personalen und Retrospektiven – vom Centre Pompidou in Paris (1984) über das Guggenheim in New York (1989) bis zur Pinakothek der Moderne in München. Als maßstabsetzend gilt die Ausstellung “Arnulf Rainer. abgrundtiefe. perspektiefe. Retrospektive 1947-1997” in der Kunsthalle Krems (1997). In Wien waren große Personalen etwa in der Albertina (2014) oder im Kunstforum (2000) zu sehen.
2009 wurde in Baden, seiner Geburtsstadt, das eigens ihm gewidmete Museum im einstigen Frauenbad eröffnet. In Ausstellungen werden dort jeweils einzelne Aspekte Rainers beleuchtet oder sein Werk in Beziehung zu anderen Künstlern gesetzt. Derzeit ist dort die Schau “Arnulf Rainer & Art Brut” zu sehen. Im Herbst kommenden Jahres folgt eine Gegenüberstellung von Rainer und Hermann Nitsch.
ORF 2 zeigt anlässlich des Ablebens des Künstlers Sonntagnacht die Dokumentation “Der Übermaler Arnulf Rainer”. Der Film von Claudia Teissig ist ab 23.30 Uhr zu sehen.




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