Von: luk
Bozen – Im ersten Halbjahr 2017 hat die Südtiroler Wirtschaft kräftig angezogen, und zwar deutlich stärker als noch zu Jahresbeginn erwartet. Konjunkturfördernd wirkte vor allem das günstigere internationale Umfeld. Die Stimmung bei Südtirols Arbeitnehmer hält sich aktuell auf vergleichsweise hohem Niveau. Im Vergleich zum Vorjahresquartal haben sich zwei Stimmungsindikatoren signifikant aufgehellt, weitere fünf zeigen sich konstant. AFI-Direktor Stefan Perini: „2017 wird als gutes Jahr für die Südtiroler Wirtschaft in Erinnerung bleiben.“
Der internationale wirtschaftliche Aufschwung festigt sich weiter. Geopolitische Risiken sind zwar mehr denn je präsent (Nordkorea-Krise, militärische Konflikte im Nahen Osten, Autonomie- und Abspaltungsbestrebungen von Regionen in Europa), doch die Weltwirtschaft bleibt davon relativ unbeeindruckt. Im Gegenteil: Die Börsen in Amerika und Europa haben jüngst Höchststände erreicht. Insbesondere in den ersten sechs Jahresmonaten 2017 war die Wirtschaftsdynamik europaweit schwungvoller als erwartet. Endlich zieht auch die italienische Wirtschaft wieder an. Die Stimmungsindikatoren bei den Unternehmen und Konsumenten erreichen in Italien wieder hohe Niveaus. Für 2017 rechnet das IMK (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung) mit folgenden Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,1%, Euro-Raum +2,4%, Deutschland +2,0, Österreich +2,5%, Italien +1,5%.
Stimmungsindikatoren auf hohem Niveau stabil
Das Stimmungsbild bei den Südtiroler Arbeitnehmern zeigt sich stabil mit positivem Touch. Im Vergleich zum Vorjahresquartal klettern zwei Indikatoren deutlich nach oben, weitere fünf bleiben konstant. Bessere Einschätzungen gibt es mit Blick auf die erwartete Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Südtirol und das wahrgenommene Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren. Erweitert man den Beobachtungszeitraum auf drei Jahre, so haben sich sogar fünf von sieben Indikatoren signifikant verbessert.
Wachstumsprognose für Südtiroler Wirtschaft: +2,0% im Jahr 2017, +1,5% im Jahr 2018
Das Herbst-Barometer ist immer auch die Gelegenheit, eine erste Bilanz über das laufende Jahr zu ziehen. Im ersten Halbjahr 2017 hat die Südtirol Wirtschaft dank der günstigen internationalen Konjunktur stärker angezogen als erwartet. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten ist deutlich angestiegen (+3,4%), die Arbeitslosenrate hat sich mittlerweile auf 3,5% zurückgebildet. Eine hohe Dynamik zeigen Exporte (+7,4%) und Importe (+9,3%). Der Zuwachs an touristischen Nächtigungen lag in den ersten acht Jahresmonaten bei +2,9%. Die Gesamtschau der Entwicklungen veranlassen das Arbeitsförderungsinstitut – so wie im letzten AFI-Barometer bereits angekündigt – die Wachstumsprognose für das laufende Jahr anzuheben, und zwar auf +2,0%. In den Folgemonaten dürften die konjunkturellen Wachstumskräfte etwas nachgeben und sich von Europa auf die USA verlagern. Für 2018 rechnet das AFI mit einem Wachstum für die Südtiroler Wirtschaft von +1,5%.
AFI-Barometer nun auch mit Branchenspiegel
Nach 18 Ausgaben des AFI-Barometers sind die Zeitreihen nun ausreichend lang, um neben dem Gesamtbild auch die Stimmungsbilder aus den einzelnen Wirtschaftssektoren zu präsentieren. Der sogenannte Branchenspiegel zeigt die Stimmungslage von Arbeitnehmern aus Landwirtschaft, Verarbeitendem Gewerbe, Baugewerbe, Handel, Hotels und Restaurants, Öffentlichem Sektor und Privaten Dienstleistungen. Ganz allgemein hat sich in der Langzeitbetrachtung die Stimmungslage querdurch verbessert. Trotzdem hat jeder Sektor seine Eigendynamik wie auch Auffälligkeiten. Von Arbeitnehmern in der Landwirtschaft kommt am wenigsten Lamento, mit dem Lohn nicht über die Runden zu kommen. Das Verarbeitende Gewerbe zeichnet sich als der Sektor mit den geringsten Stimmungsschwankungen aus. Das Baugewerbe entwickelt sich in nur vier Jahren vom Sorgenkind zu einem der optimistischsten Branchen der Südtiroler Wirtschaft. Arbeitnehmer im Handel erwarten eine leichte Aufhellung der finanziellen Situation ihrer eigenen Familie. Im Hotel und Gastgewerbe ist die Suche nach einem gleichwertigen Arbeitsplatz derzeit so leicht wie noch nie. Im Öffentlichen Sektor trifft hohe Jobsicherheit auf geringe alternative Jobchancen der Bediensteten. Die Privaten Dienstleistungen sind Optimisten, was die Entwicklung in Südtirol angelangt, aber Pessimisten hinsichtlich der eigenen Situation.
Stellungnahme von AFI-Präsidentin Christine Pichler
„Wenn es der Wirtschaft gut geht, soll es auch den Mitarbeitern gut gehen. Bestärkt durch die AFI-Zahlen fordern wir, die Arbeitnehmer auch am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu lassen. Das AFI-Barometer zeigt weiters: Selten war es so leicht für Arbeitnehmer, einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden. In Zeiten der Vollbeschäftigung wird der Arbeitnehmer zur knappen Ressource. Unter Umständen kann er zwischen verschiedenen Arbeitsangeboten wählen und sich für das Angebot eines Mitbewerbers entscheiden, wenn dort die Konditionen besser sind.“
Stellungnahme von Landesrätin Martha Stocker
„Die Erhebungen des AFI signalisieren, dass 2017 für die Südtiroler Wirtschaft als gutes Jahr in Erinnerung bleiben wird. Das freut uns als Landesregierung. Nun, wo wir die Krise hinter uns gelassen haben, ist es angezeigt, uns den mittelfristigen Herausforderungen zuzuwenden: Veränderung der Arbeitswelt durch den demografischen Wandel, Digitalisierung zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes, neue Bildungsmodelle für die neuen Jobs von morgen. Nur so können wir gemeinsam mit der Sozialpartnerschaft das heutige Niveau unseres Wohlfahrtsstaates aufrechterhalten.“
Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und wiedergibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ. Die nächsten Umfrage-Ergebnisse werden Mitte Jänner 2018 vorgestellt.
Der Branchenspiegel kann im Internet unter www.afi-ipl.org/afi-barometer abgerufen werden.